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"Es geht eindeutig in Richtung Ökonomisierung," sagt Konrad Paul Liessmann über die heimischen Hochschulen.

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STANDARD : Welche Weichen werden derzeit an den Universitäten gestellt?

Liessmann: Es geht eindeutig in Richtung Ökonomisierung und Verwandlung von Wissenschaft in ein betriebswirtschaftlich organisiertes Dienstleistungsunternehmen mit starken planwirtschaftlichen Elementen. Das sind dramatische Veränderungen, deren Tragweite man noch gar nicht einschätzen kann. Es könnte sein, dass die Universität der Zukunft in der selben Abhängigkeit von der Wirtschaft sein wird, wie die Universität des Mittelalters von der Kirche.

STANDARD: Wie sehen Sie den Trend zu Fachhochschulen?

Liessmann: Ich bin ein Verfechter des FH-Prinzips. Man hat Fachhochschulen gegründet, weil man eingesehen hat, dass es für eine Reihe gehobener Berufe eine akademische Ausbildung braucht, die aber nicht so wissenschafts- oder forschungsorientiert sein soll oder muss wie die Universität. Nun macht der Bologna-Prozess die Universitäten selber partiell zu Fachhochschulen, weil das dreijährige Bachelor-Studium ja eine berufsqualifizierende und keine wissenschaftsorientierte Ausbildung ist. Die ursprüngliche Trennung, die gute Gründe hatte, wird aufgehoben, und ich denke, dass in zehn Jahren der Unterschied zwischen Universität und FH in den Grundstudien belanglos sein wird. Vieles, was sich Universität nennt, wird tatsächlich FH sein.

STANDARD: Haben die Universitäten zu wenig Geld?

Liessmann: Die Ausgaben für Forschung und Bildung insgesamt sind in Österreich sicher zu niedrig. Europaweit lässt sich ein starker Trend beobachten, Geld in anwendungsorientierte Forschung zu stecken und Forschungsrichtungen, die nicht wirtschaftsnah sind oder erscheinen, eher stiefmütterlich zu behandeln. Das ist ärgerlich, weil gerade die Geisteswissenschaften extrem billig sind und hier mit geringen Mitteln große Effekte erzielt werden könnten. An der Uni Wien erscheint mir das aber nicht dramatisch, hier wird an der Vielfalt der Disziplinen und im Prinzip festgehalten. Problematisch erscheinen mir aber die Vorgaben des Wissenschaftsministeriums, wo die Zuteilung der Gelder nach mitunter fragwürdigen Parametern erfolgt: Entscheidend ist etwa, wie viele Studierende in der Mindestzeit abschließen, wie hoch die Erfolgsquoten sind, wie hoch die Mobilität ist. Das sind zum Teil rein bürokratische Vorstellungen, aber sie lassen sich leicht quantifizieren. Ich weiß nicht ob die beste Universität die ist, an der alle in Mindeststudienzeit studieren.

STANDARD: Mit dem Universitätsgesetz 2002 wurden die Unis in die Autonomie entlassen. Die Kritik daran reißt nicht ab - muss hier Ihrer Meinung nach novelliert werden?

Liessmann: Natürlich. Ich glaube zwar, es war ein richtiger Ansatz, den Gedanken der Autonomie zu stärken, aber das UG hat zahlreiche Schwächen. Autonomie muss nicht heißen, dass sich jede Universität eine vollkommen eigene Struktur gibt, so dass es kaum mehr möglich ist, Organisationseinheiten und Lehrangebote zu vergleichen. Das bedeutet auch, dass es wahnsinnig schwierig ist, innerhalb Österreichs den Studienplatz zu wechseln. Intern hat sich gezeigt, dass die Entscheidungsprozesse eher undurchsichtig sind. Es gibt mehr Kommissionen, Konferenzen und Machtkämpfe als je zuvor. (Andrea Heigl, DER STANDARD-Printausgabe, 24./25. November 2007)