Wien - Die Grünen haben am Freitag im Wiener Gemeinderat von der Stadt gefordert, angesichts des geplanten Sängerknaben-Projekts vorerst eine Bausperre für den gesamten Augarten zu verhängen. Außerdem kündigten sie in der Aktuellen Stunde an, am kommenden Montag gemeinsam mit Anrainerinitiativen das betroffene Areal für einen Tag zu besetzen. Die SPÖ stimmte der Kritik der Grünen zum Teil zu, ÖVP und FPÖ begrüßten hingegen die Entscheidung des Bundes.

"Verhöhnung der Bevölkerung"

"Wirtschaftsminister Martin Bartenstein hat mit seiner Unterschrift über die Köpfe der Bürger hinweg entschieden", kritisierte die Grüne Planungssprecherin Sabine Gretner die Entscheidung des Bundes, den Bau eines Konzertsaals für die Sängerknaben am Augartenspitz zu ermöglichen: "Das ist politische Willkür." Schließlich habe man sich bereits Anfang 2006 darauf geeinigt, ein konsensfähiges Leitbild unter Einbindung der Anrainer zu erstellen.

Die Entscheidung über den Zuschlag sei jedoch gefällt worden, ohne die Ergebnisse dieses Prozesses abzuwarten, meinte Gretner. Dies komme einer "Verhöhnung der Bevölkerung" gleich. Die Grünen forderten deshalb die Stadtregierung auf, "endlich Haltung zu beziehen" und verlangten mittels Beschluss- und Resolutionsantrag die Verhängung einer Bausperre für den gesamten Augarten.

"Warnbesetzung"

Vor diesem Hintergrund kündigten die Grünen für kommenden Montag an, gemeinsam mit den Bürgerinitiativen "Freunde des Augartens" und "Plattform Augarten" an einer "Warnbesetzung" des künftigen Sängerknaben-Standorts teilzunehmen. Beide Bürgerinitiative übten am Freitag erneut Kritik an dem Vorhaben. Man fühle sich vom Wirtschaftsministerium verhöhnt, hieß es etwa vonseiten der Plattform. Die angekündigte Protestveranstaltung samt kurzfristiger Besetzung beginnt am Montag um 10.30 Uhr.

Von Seiten der Wiener SPÖ wurde am Freitag betont, dass man zwar die "Nacht- und Nebelaktion Bartensteins" akzeptiere, da der Augarten ja Eigentum des Bundes sei. Allerdings habe der Wirtschaftsminister damit die im Vorfeld geführten Bürgergespräche konterkariert, sagte SP-Gemeinderätin Elisabeth Vitouch. Sie stellte weiters klar, dass es für das geplante Filmkulturzentrum eine Finanzierungszusage vom Wiener Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny gegeben habe. "Das Problem ist, dass sich das Filmarchiv auf den Augarten-Standort kapriziert hat", so Vitouch. Die zuletzt als mögliche Standort-Alternative gehandelte Donauplatte nannte sie "attraktiv".

"Unglückliche" ÖVP

ÖVP und FPÖ begrüßten indes die Entscheidung des Bundes. Das Sängerknaben-Projekt sei etwa hinsichtlich der Finanzierung besser vorbereitet gewesen, sagte ÖVP-Gemeinderat Bernhard Dworak. "Unglücklich" zeigte man sich über den Umgang mit der Bevölkerung. Dworak betonte, dass seine Partei das Projekt des Filmarchivs zwar unterstütze, den Standort Donauplatte jedoch für fragwürdig halte. FPÖ-Gemeinderat Herbert Madejski bezeichnete die Entscheidung des Bundes als "die ökonomisch beste Lösung". Schließlich seien die Sängerknaben ein internationales Aushängeschild für Österreich, während das zeitgenössische Filmschaffen nur noch durch Subvention leben könne, nicht aber durch zahlendes Publikum.

Wiens Bürgermeister Michael Häupl betonte am Rande des Gemeinderats erneut, dass es nicht die Entscheidung der Stadt Wien sei, welches Projekt am Augartenspitz realisiert wird. Die Sängerknaben würden einen Konzertsaal dringend benötigen, er habe aber auch "von Anfang an nie ein böses Wort zum Filmarchiv-Projekt gesagt", so der Bürgermeister vor Journalisten. Dem Filmkulturzentrum will er zu einem Ersatzstandort verhelfen und beim Betrieb mitzahlen. "Einen Investor haben sie ja", so Häupl. (APA)