Zwei, von denen es einen vielleicht nicht wirklich gibt: Petra Strasser und Paul König in "sichtwaisen".

Foto: TAG / Anna Stöcher
Ein Mann sieht, was eine Frau nicht sieht: sein heimeliges Haus, den schönen Wohnsalon, den Nussparkettboden, den Flokati, die saftige Orange. Er, ein wohlhabender, doch rasch ratlos gewordener junger Mann im smarten Anzug, hat sie, eine Kakteenzüchterin in den besten Jahren, in einer Bar aufgegabelt und zu sich nach Hause mitgenommen. Lustig ist ihnen zumute, mit Gelächter treten sie aus dem Bühnendunkel heraus.

Doch an der hier gebotenen Realität scheiden sich ihre Geister: Während er sein Luxusheim preist, in der Nähe der gußeisernen Wohnzimmerlampe zur Vorsicht mahnt, sieht sie von alldem - nichts. Beziehungsweise: nur Gras, das unter einer Autobahnbrücke wächst. Anfänglich mündet diese Diskrepanz in scherzhaftes Necken, allmählich aber ist es nicht mehr zu übergehen, dass beide in getrennten Welten leben, wahrnehmen. Oder: sie sich den Mann und seine Behauptungen nur einbildet.

In der Uraufführung dieser Psychofarce von Margit Mezgolich (Autorin, Regie), sichtwaisen , schwingt sich das Spiel von Petra Strasser und Paul König zu beklemmenden Höhen auf. Die beiden Schauspieler verwandeln in diesem Zweipersonenstück die vollends leergeräumte Bühne des TAG zum klirrenden Angstraum, in dem vor allem die eigenen Gedanken das Theater erzeugen. (afze) /DER STANDARD, Printausgabe, 18.12.2007)