Wien – Es kommt in der Tat nicht alle Tage vor, dass man das Zaudern und eruptive Ränkeschmieden eines Wallenstein auf einer ersten Staatstheaterbühne wie dem Wiener Burgtheater besichtigen kann. Verwunderlich ist es dann freilich doch, am Ende einer knapp vierstündigen Strichfassung in der Burg auf Friedrich Schillers Spuren einem linden, gelegentlich auch bloß zauseligen Hausvater (Gert Voss) begegnet zu sein. Notabene einem, der seiner Soldateska aus überwiegend blassen Offiziers-Chargen im Stile eines schrulligen Familienvorstandsvorsitzenden den Lauf der Gestirne einbläut.

In einer zerschossenen Industriesiedlung mit durchlöcherter Decke und portablen Schiebekulissen (Bühne: Bernhard Kleber) versucht Regisseur Thomas Langhoff, so etwas wie die realpolitische Essenz aus spröden Dramenknochen herauszukratzen. Sein Wallenstein besitzt lauter Bürgertugenden, die im Feldlager der Kaiserlichen nicht recht zur Geltung kommen: Voss erinnert an einen Salonlöwen, der in Smokinghosen vom Ruf seiner raubtierhaften Gefährlichkeit zehrt. Der über mögliche Verratshandlungen an seinem Dienstherrn, dem Kaiser, im Clubsessel reichlich folgenlos nachgrübelt. Der in der Asche seiner Nobelzigaretten nach Erkenntnis schürft, die erst der Appell der Schwägerin (Petra Morzé) wachruft.

Wenn der Generalissimus nicht überhaupt das Feldherrenstöckchen in der Hand balanciert und traumverlorene Liedchen pfeift: Der auf Zimmerlautstärke heruntergedimmte Konversationslärm der Parteigänger verzieht wie Schall und Rauch. Der alte Piccolomoni (Dieter Mann) entfesselt noch ein wenig sprödes Feuer; Gefolgsleute wie Terzky (Johannes Terne) oder Illo (Dirk Nocker) kleben an Hantierungen fest, immerhin der Verräter Buttler (Ignaz Kirchner) entfesselt kaltes Rachegrauen. Ein Ereignis wird man die matte, enttäuschende Aufführung nicht nennen wollen – der Applaus klang indes mehr als nur höflich. (Ronald Pohl/DER STANDARD, Printausgabe, 20.12.2007)