Wien - Je näher die Entscheidung der SPÖ über einen Untersuchungsausschuss zur Causa Haidinger rückt, desto intensiver sinnt die ÖVP über Rachemöglichkeiten nach. Von neuen Mehrheiten im Parlament, die man sich abseits der verhassten Roten suchen werde, ist die Rede. "Uns fällt schon was ein", sagt ein ÖVPler, der nicht genannt werden will. "Mit der FPÖ und dem BZÖ ließe sich zum Beispiel ein gar nicht nettes Moscheen-Gesetz basteln."

Damit nicht genug, denkt der schwarze Apparat auch fieberhaft nach, welche roten Missstände für einen Untersuchungsausschuss gegen die Sozialdemokraten taugen könnten. Dabei setzen die Schwarzen Hoffnungen auf den anstehenden Rohbericht des Rechnungshofes, der den Abfangjäger-Deal des SPÖ-Verteidigungsministers mit dem Hersteller EADS im letzten Frühjahr unter die Lupe nimmt, nach dem statt der 18 bestellten Eurofighter jetzt nur 15 Stück geliefert werden.

Preisminderung

Norbert Darabos könnte dabei zum Schaden der Republik eine adäquatere Preisminderung verbockt haben, reibt sich so mancher Schwarzer bereits die Hände. Alles leere Drohgebärden oder ein schlimmes Bedrohungsszenario für die SPÖ?

Der Politologe Anton Pelinka gibt der Koalition keine lange Überlebenschance, wenn es zu einem "Freispiel der Kräfte" im Parlament kommt, bei dem sich die beiden Regierungsparteien mithilfe der Opposition gegenseitig überstimmen. Und er sagt: "Damit würde eine Dynamik in Gang gesetzt, die für die SPÖ viel gefährlicher ist als für ihren Koalitionspartner." Denn im Nationalrat gäbe es nach wie vor eine Mehrheit rechts der Mitte, rechnet Pelinka vor. "Und damit fällt es der ÖVP etwa in der Fremdenpolitik - Stichwort Moscheen - leichter, mit der FPÖ und dem BZÖ etwas auszuverhandeln."

Dazu geben sich Freiheitliche und Orange aufgeschlossen, was einen Untersuchungsausschuss zum roten Eurofighter-Deal betrifft. FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl möchte zwar nicht, dass es "zu einer Inflation an U-Ausschüssen" kommt, erklärt aber: "Grundsätzlich hat die FPÖ freilich Interesse an jeder Form der Aufklärung." Und auch BZÖ-Obmann Peter Westenthaler versichert für den Fall, dass ein ÖVP-Vorschlag für eine parlamentarische Untersuchung zur Reduktion der Abfangjäger-Stückzahl auf den Tisch liege: Seine Partei werde "die Sache prüfen", ob man dabei mitgehen könne.

Doch das kann noch etwas dauern. Rechnungshofpräsident Josef Moser erklärt zwar, dass im von der ÖVP beantragten Prüfungsverfahren zur Eurofighter-Vertragsänderung "mit Nachdruck" gearbeitet werde. Aber: Wenn der Rechnungshof seinen Rohbericht erstellt hat, wird Darabos zuerst eine Dreimonatsfrist eingeräumt, die Ergebnisse zu kommentieren - erst dann bekomme das Parlament den Bericht.

Bis dahin schließt zumindest Westenthaler auch keine Sachkoalitionen mit der Volkspartei aus. Eine solche kann er sich etwa beim Thema Steuerreform vorstellen. Parallel dazu will der BZÖ-Mann aber die SPÖ nicht vergrätzen - und stellt wiederum ein Vorgehen mit den Roten zur Bekämpfung der Inflation in Aussicht. Hintergrund: Die SPÖ pocht auf 100 Euro Teuerungsausgleich für sozial Schwache, die ÖVP wehrt sich gegen Einmalmaßnahmen, die das Budget belasten.

Geht es also bald nicht nur in der Koalition, sondern auch im Parlament drunter und drüber? Pelinka analysiert, dass durch den Streit um den aktuellen Untersuchungsausschuss jedenfalls ein großes Versäumnis von Rot und Schwarz zu-tage trete: "Die Koalition hat es verabsäumt, dieses Kontrollinstrument als Minderheitenrecht einzuführen." So hätte die Opposition längst ohne rote Mithilfe ein Kontrollgremium einsetzen können. Pelinka dazu trocken: "Und damit hätten sich SPÖ wie ÖVP das Dilemma, das jetzt aufbricht, erspart." (von Günther Oswald, Conrad Seidl und Nina Weißensteiner /DER STANDARD, Printausgabe, 23.2.2008)