Der Kaiser (H. Serafin) gibt der Rössl-Wirtin (Zabine K.) Ezzes. Vom Singen spricht er nicht.

Foto: Lichtstark
Der guten Laune aller Beteiligten konnte dies allerdings nur wenig anhaben.
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Mörbisch – Als die Radfahrer ihren Auftritt hatten, kam mit ihnen auch die Panne: Ausgerechnet bei der Titelmelodie von Ralph Benatzkys Weißem Rössl war für einige bange Minuten gar nicht mehr "gut lustig sein" , mussten sich doch Sänger und Tänzer ohne verstärkten Orchesterton behelfen.

Empfindliche Ohren konnten dies allerdings kurzzeitig als Labsal empfinden: Denn was Rudolf Bibl mit dem Festspiel Orchester Mörbisch sicher bestmöglich realisierte, klang über die Lautsprecheranlage zuweilen so, als dringe es aus einem rostigen Blechbottich.

Allerdings: Wegen des Ohrenschmauses allein reist ohnehin kaum jemand zu diesen Seefestspielen. Viel eher, weil hier die Überzeugung herrscht, dass die "ursprüngliche Operette so bleiben muss, wie sie von ihren großartigen Komponisten gedacht war" . Wer diese Meinung teilt, darf hier zumindest optisch Kalkulierbares erwarten.

Zudem ist heuer eine Austropop-und Dancing-Stars-Delegation auf den Plan getreten, die im Vorfeld für Publicity gesorgt, aber die Berechenbarkeit der Produktion wiederum etwas reduziert hatte. Tatsächlich wirkten sowohl die gesanglichen Fähigkeiten als auch die Bühnenpräsenz sehr durchwachsen und teilweise auch von Nervosität beeinträchtigt.

Zwischen Macho und Moser

Da mochte es wohl helfen, dass sämtliche in Reichweite liegenden Klischees ausgiebig gepflegt wurden. Rolf Langenfass hatte ein ausgesprochen pittoreskes St. Wolfgang und eine sattgrüne Bergwelt auf die Bühne gestellt, dazwischen aber immerhin einen brauchbaren Platz für die revueartigen Szenen und die wirkungsvollen Choreografien von Giorgio Madia geschaffen.

Auch alle kitschigen Seiten des Rössl wurden dankbar aufgegriffen, sodass insgesamt eher eine himmelblaue Schlagerparade von teils mittelmäßiger Qualität entstand. Andererseits sind aber die Frivolität und Situationskomik dieses Vorläufers der Piefke-Saga kaum umzubringen. Und das, obgleich Regisseur Karl Absenger manche Pointe und überraschende Wendung verschenken ließ.

Obwohl (oder weil?) er seinen Leopold als Mischung aus Macho und heiserem Hans Moser anzulegen schien, glückten Rainhard Fendrich allerdings einige hintergründige Zwischentöne, die live gut über die Rampe kamen.

Rührend outrierend gelang dies auch dem gebrechlichen Kaiser des Harald Serafin, der schon zuvor wie gewohnt seinen eigentlichen großen Auftritt absolviert hatte, indem er mehr oder weniger Prominente mehr oder weniger geschmackvoll begrüßte. Innenansichten des Österreichischen also, auch wenn sich Zabine Kapfinger als Josepha nicht zwischen Weißwurschtbayerisch, Burgtheater-R und kehligem Tirolerisch entscheiden und gesanglich nur mit einem Jodler brillieren konnte.

Wesentlich routinierter das "hohe Paar" Otto Siedler (Marco Jentzsch) und Ottilie (Anja-Katharina Wigger), aber auch die Witzfiguren Sigismund (Klaus Eberhartinger) und Klärchen (Ina Nadine Wagler). Doch letztlich zählen in Mörbisch ohnehin die gute Laune und das Feuerwerk mehr als künstlerische Feinheiten. Und immer dankbar ist das Publikum. (Daniel Ender, DER STANDARD/Printausgabe12.07/13.07.2008)