Die Installation, in der die 43 Musiker spielen, besteht aus 36, in vier Etagen übereinandergestapelten Kästen, die an den "lebenden Adventkalender" erinnern, den Hubsi Kramar vor fünf Jahren im Tanzquartier Wien eingerichtet hatte.
Bei Abel ist jede der Boxen ein eigenes, von Lampen gerahmtes Theater mit roten Vorhängen, dem Regisseur zufolge eine Referenz aufs Amsterdamer Rotlichtviertel, aber auch auf den eindrucksvollen Hawa-Mahal-Palast in Jaipur, der Hauptstadt von Radjasthan, des sogenannten "Palasts der Winde" . Dirigiert von einem temperamentvoll tanzenden Musiker mit kastagnettenähnlichen Karthals und begleitet von der stimmungsvollen Lichtshow der Lampen an den Kästen, spielt dieses Wüstenorchester mit Hingabe und Perfektion Balladen und Sufi-Dichtungen, preist Allah und strahlt überzeugend gute Laune aus. In jeder Box sitzt ein Spieler, der nicht nur singt oder sein Instrument bedient, sondern auch einer genau geplanten gemeinsamen gestischen Choreografie folgt.
Zu den Instrumenten zählen die Cello-ähnliche Kamancha, das Saitengerät Sarangi, die traditionelle Bansuri-Flöte, die Dudelsack-ähnlich klingende Murli und die herrliche Basstrommel Dhol.
"The Manganiyar Seduction" wurde ursprünglich für die Eröffnung eines Filmfestivals in Delhi konzipiert. Trotz seiner volksmusikalischen Note ist es keine Folkloreveranstaltung, sondern eine geschickte Verbindung von Traditions- und Gegenwartsspektakel und als solche ganz einer selbstbewussten Eigendefinition verpflichtet. Denn die Performance bleibt gegenüber den westlichen Poptraditionen auf Distanz. Trotzdem oder gerade deswegen lauschte das Publikum gebannt.
Passionierte Indien-Romantiker mag die Inszenierung irritieren, aber gerade das Hintanstellen von Authentizität macht die "Seduction" aus.