Wien - Ja, Stermann und Grissemann haben sich bühnentechnisch ein Update verpasst, protzen mit einem riesigen Videoscreen, einem winzigen Handy und zwei teuren, drahtlos übertragenden Mikrophonen. Ihren Stil haben sie aber nicht geändert. Auch ihr neues Programm "Die Karawane des Grauens", das Montag Abend im Wiener Kleinkunstlokal Vindobona Premiere hatte, ist eine Mischung aus tiefstem Niveau und höchstem Wagemut.Der Tabubruch als Methode Für die Aufwärmrunde bedienen sich die beiden Großmeister des schlechten Geschmacks im reichhaltigen Fundus der FPÖ- und ORF-Witze. Je verletzender die Bemerkungen über Politiker und Moderatoren, desto mehr Lacher. Christoph Grissemann und Dirk Stermann haben den Tabubruch zur Methode erhoben. Auch neuartige Technologien haben ihren Weg ins Programm gefunden: Die vorbereiteten Videozuspielungen zählen zu den Höhepunkten des Abends. Mit einem Trailer zu der gefühlsbetonten Literaturverfilmung "Fräulein Smillas Geschwür am Zeh", dem nie gezeigten Rohmaterial des Tom Tykwer-Erfolgsfilms "Lola rennt" in der Originalbesetzung mit Dirk Stermann als rasende Rothaarige sowie einigen mitleiderregenden Spots zum Kinderhilfe-Programm "Wir nehmen Kinder auf dem Arm" zeigen die beiden Entertainer, was sie am Fernsehschirm könnten, wenn sie der ORF ließe. Der Humor von Stermann & Grissemann ist weder massenkompatibel noch mehrheitsfähig. Doch fest steht, dass kaum jemand sonst mit solcher Selbstverleugnung den heute geltenden Fröhlichkeits- und Humorterror unterläuft. Blindgänger wie "Terrortelefonate" mit geplagten Zoohändlerinnen oder Hotel-Rezeptionistinnen sind dabei einkalkuliert, einmal bewährte Sujets wie die Exkusiventhüllung "streng geheimer" Tagebucheintragungen oder die Verlesung selbst gebastelter Gedichte werden hemmungslos ausgebaut. Nein, niemand muss Stermann & Grissemann lieben. Ja, manchmal ist kultivierte Niveaulosigkeit unterhaltsamer als niveaulose Unterhaltungskultur. (APA) SERVICE: Stermann & Grissemann: "Die Karawane des Grauens", nächste Termine: 3.11., Oslip, Cselleymühle; 4.11.: Sparkassensaal Gmünd; 5.11., Audimax Wien; 17.11., Stadttheater Wr.Neustadt; 18.11., OHO Oberwart; 19.11., Audimax Wien