Wien - Die voraussichtliche Einführung eines Stehplatz-Wahlabos, der Verkaufsmodus von ermäßigten 400-Schilling-Karten für Kurzentschlossene und die Heranziehung des Publikumsnachwuchses waren relevante Themen des Publikumsgesprächs am Sonntagvormittag in der Wiener Staatsoper. Diese Gespräche zwischen Direktion und Publikumsforum müssen seit der Neuorganisation der Bundestheater zweimal jährlich abgehalten werden. Staatsoperndirektor Ioan Holender und sein kaufmännischer Geschäftsführer Thomas W. Platzer standen dem zahlreich erschienenen Publikum und den Vertretern des Publikumsforums Rede und Antwort. Freilich ging es nicht nur um die Themen, die eigentlich Gegenstand dieses Austauschs sein sollten, nämlich Marketing und Kartenvertrieb, organisatorische Fragen, und die Erfüllung des kulturpolitischen Auftrags. Auch wenn dem Publikumsforum in Fragen der künstlerischen Autonomie eigentlich keine Kompetenz zukommt, nützten die Besucher erwartungsgemäß die Gelegenheit, auch ihren künstlerischen Vorlieben Stimme zu verleihen. "Die Frau ohne Schatten" wurde also wieder einmal ausgebuht, gelobt dagegen "Die Jakobsleiter". Dass bei letzterer nach einem "katastrophalen Premierenverkauf" alle Folgevorstellungen ausverkauft waren, spreche für die Kompetenz des Wiener Publikums, lobte Holender seine Pappenheimer. Grenzen bei Bereitschaft zu Volksbefragungen Umgekehrt zufrieden über die Zusammenarbeit mit der Direktion äußerten sich die Vertreter des Publikumsforums - Roland Norer und Helmut Fischer als Vertreter des Galerie- bzw. Parterre-Stehplatzes, Stephan Werner und der Präsident der Freunde der Wiener Staatsoper Peter Dusek sowie deren Vizepräsident und Ersatzmitglied Robert Beckel. Die voraussichtliche Einführung eines Stehplatz-Wahlabos ab der kommenden Spielzeit ist das Resultat einer vom Publikumsforum durchgeführten Fragebogenaktion, die, so Platzer, der Leitung wertvolle Informationen gebracht habe. Holenders Bereitschaft zu Volksbefragungen ("Das macht man in Linz, leider") hat aber Grenzen: Dem Vorschlag einer Zuseherin, doch an der Vorverkaufskasse rote und blaue Zettel aufzulegen, mit denen man über den neuen Eisernen Vorhang abstimmen könne, dessen Gestaltung durch zeitgenössische Künstler immer noch und immer wieder heftige Ablehnung provoziert, mochte Holender nichts abgewinnen. Ja, er hat den zunächst für vier Jahre mit museum in progress abgeschlossenen Vertrag mittlerweile auf fünf Jahre verlängert. Schlingensiefs Container Für fast ebensoviel Entrüstung wie der neue Eiserne sorgte schließlich der vor der Staatsoper im Rahmen der vergangenen Festwochen aufgestellte Container des deutschen Aktionskünstlers Christoph Schlingensief. Eine Operngängerin, die auf das Gröbste beleidigt worden war, drohte an: "Wenn der nächstes Jahr wieder da steht, werde ich in dieser Zeit eine Opernpause einlegen." Die nächsten Publikumsgespräche finden am 29. November um 19.00 Uhr in der Probebühne der Volksoper in der Severingasse und am 11. Dezember um 17.00 Uhr im Pausenfoyer des Burgtheaters statt. (APA)