Das Gespinst einer Welt aus Nullen und Einsen gebiert im Theater die übersichtlichsten Geschichten: Der Mensch im Kampf gegen all die neuen Technologien. In Arthur Kopits "Cyberspacethriller" Hardcrash , einem New Yorker Allerweltsimport mit Boulevardambitionen, lässt sich das folgendermaßen an: Ein Hacker linkt sich in das Leben eines amerikanischen Upper-Class-Pärchens ein und bringt deren Identitäten gehörig durcheinander. Unterlegt ist das Ganze mit einem schlüpfrigen Subtext, der sich bei Tatbeständen wie "ins System eindringen" wohl anzubieten scheint. Im Theater Drachengasse liefert sich Regisseur Hans Peter Kellner der wohlmeinenden Abgeklärtheit des Stücks bedingungslos aus: Hacker Astrachan (Thomas Peters) verschlägt es mantel- und neongestylt direkt aus einem B-Movie in das Kitschleben zweier Soap-Darsteller. Empfehlenswert höchstens als Après-Veranstaltung zum Volkshochschulkurs! (hil) Der am Theater stets sträflich vernachlässigten Frankenzeit widmet sich Christa Schwertsik via Italo Calvino. Mit dem utopisch-märchenhaften Roman Der Ritter, den es nicht gab gibt sie im Bar & Co der Drachengasse der Tendenz zur Bannung der Prosa auf die Bühne nach: Die Festbankette, Schlachten und Weltreisen des hinter dem Kettenhemd gestaltlos seienden Ritters Agilulf und seiner Genossen wären im kleinen, niedrigen Raum maximal nur en miniature in Szene zu setzen. Deshalb: ein Erzählabend mit Thekeneinsatz. (afze) Theater Drachengasse, (01) 513 14 44. 20.00 Hätte das Theater stets die Güte, so moralisch zu sein, wie die Anstalt es empfiehlt, der Boulevard wäre schmal. Und das Stadttheater Mödling hätte einen Blockbuster weniger: Als Stadttheatermacher muss Bruno Max kalkulieren: auf Büchners Woyzeck folgen Gefährliche Liebschaften . Die sittenwidrigen Angebote und Abmachungen, welche ein gewisser Choderlos de Lacos 1782 zu seinem Briefroman Les Liaisons Dangereuses verwob, veranlassten bereits die Hofdamen Marie Antoinettes, sich zur Lektüre in die Privatgemächer zurückzuziehen. Während vor den Schlossfenstern das "Ancien Régime" strauchelt, hat der Hochadel nichts Besseres zu tun, als mit seinen Lüsten zu haushalten. Und sparen konnten die ja noch nie: Auf dem famos banalen Umstand einer Wette basieren diverse nächtliche Zusammenkünfte. Heiner Müller hat die später dramatisierte Fassung in Quartett bearbeitet, besondere Mühe gab sich auch die Filmindustrie. Da reizte die zeitgenössische Aufarbeitung schon aus Gründen der Opulenz. Am Theater wirkt sie - wenn man auf die Psychologie gar nichts hält - mitunter als dünnschichtige Groteske. Dem entkommt man in Mödling nur stellenweise. Dass zwei Nacktszenen erforderlich waren (Aufruf zur Fantasie?) und keine, die musealen Standespraktiken überbietende Sicht auf den Konnex Sex/ Macht erkennbar war, bleibt uneinsichtig. Conny Hannes Meyer hat in seiner Woyzeck -Inszenierung - mit Samstag ist sie ins Theater Scala gewechselt - ein rostrotes Schmerzensareal markiert. Das Leben des weltweit bekannten Füsiliers war immer schon die Hölle auf Erden. Hier lässt ein origineller Gott auf den armen Teufel einmal ein Päckchen Tabletten herabplumpsen. Psychopharmaka gegen den Rest der Welt! Ein stiller Höhepunkt in einer Inszenierung, in der vieles an sich selbst zweifelt. Leider auch der Hauptdarsteller Raimund Merker. (afze) Stadttheater Mödling, (02236) 429 99, nächster Termin: 18. 1. 19.30 Theater Scala, Karten: (01) 544 20 70 . 19.30 (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16. 1. 2001)