Bühne
Moretti macht sich an Mozart
"Es ist etwas Musikantisches in meinem Wesen ..."
Bregenz - Am 14. Februar gibt der Schauspieler Tobias Moretti in Bregenz sein Regiedebüt mit Mozarts "Don Giovanni". Am
Schauspielhaus Bochum spielt Moretti die Hauptrolle in Botho Strauß neuem Stück "Der Narr und seine Frau". Uraufführung ist am 6. April. Das folgende Gespräch führte Birgit Köhlmeier:
Köhlmeier: Herr Moretti, sie haben zehn Jahre an den Münchner Kammerspielen bedeutende Rollen gespielt, waren in der Volksoper zu sehen
und treten am Burgtheater immer wieder in den Tschechow-Einaktern "Der Bär" und "Heiratsantrag" auf. Dem nicht theaterbesessenen
Publikum sind Sie durch Film und Fernsehen bekannt geworden. Was bewegt einen so vielbeschäftigten Schauspieler, Oper zu inszenieren?
Moretti:
Es ist etwas Musikantisches in meinem Wesen. Ich definiere meine ganze dramatische Arbeit über Musik und meine musikalische
Arbeit über Dramatik. Oper verbindet beides. Meine Frau ist Musikerin. Sie hat lange beim Symphonieorchester Vorarlberg mitgewirkt. Aus
der sehr schönen Zusammenarbeit mit Christoph Eberle und dem Orchester bei "Peter und der Wolf" für den ORF und die Salzburger
Festspiele entstand die Idee, mit Christoph Eberle und dem Symphonieorchester Vorarlberg eine Oper zu inszenieren.
Köhlmeier: "Don Giovanni" gehört zu den bekanntesten, meistgespielten Opern. Sehr viele Regisseure haben das Werk inszeniert, viele sind daran
gescheitert. Sie werden an großen Regisseuren gemessen. Gehen Sie da nicht ein ziemliches Risiko ein?
Moretti:
Es ist richtig, ich werde an großen Regisseuren gemessen werden. Dieses Risikos bin ich mir bewusst. Mir ist es wichtig, an Mozart
gemessen zu werden. Ich habe mich bei meinem Regie-Konzept voll und ganz auf Mozart verlassen. Ich habe jede Phrase und Interpunktion
hinterfragt.
Köhlmeier: Haben Sie eine Ausbildung als Regisseur oder eine Musik-Ausbildung?
Moretti:
Die Ausbildung ist nicht wichtig. Es gibt in der Kunst nur Resultate. In der Kunst sind Visionen und deren Umsetzung wichtig. Die
Intention zählt. Ich habe Komposition studiert, den Tonsatz abgeschlossen, ich spiele Klavier und einige andere Instrumente.
Köhlmeier: Sie inszenieren "Don Giovanni" in Bregenz in Zusammenarbeit mit dem Theater für Vorarlberg. Das ist ein kleines Theater mit sehr
eingeschränkten finanziellen und technischen Möglichkeiten. Wie kommen Sie damit zurecht?
Moretti:
Es sind äußerst bescheidene Mittel da. Es gibt weder eine Unterbühne, noch gibt es etwas Fahrbares oder dergleichen. Dann muss
man mit den vorhandenen Mitteln spielen. Das hemmt am Anfang und lässt einen fast verzweifeln, aber dann macht es sogar Spaß. Man
reduziert auf die Einfachheit und auf die Essenz, muss Dynamik herstellen und gleichzeitig den Nerv des Stückes treffen. Ich habe auch das
Bühnenbild selber gemacht, weil ich es keinem Stil unterwerfen wollte und weil ich das geometrische Prinzip dieses Stückes, heiß - kalt -
schwarz - weiß, in dieser kurzen Zeit mit einem anderen Bühnenbildner nicht realisieren konnte. Ich verwende zum Beispiel keine Vorhänge,
mache keine Umbauten, das ist mir alles zuwider. Wir haben vier Bühnenarbeiter für die Umbauten, was soll man da machen? Da brauche ich
lieber keinen einzigen, das sollen unsere Sänger machen. Da muss man die Gegebenheiten wahrnehmen und improvisieren, das musste Mozart
auch. Das ist auch der Grund, dass Theater nicht stirbt. Wenn mit Kürzungen der Subventionen gedroht wird, mein Gott, dann spielen wir halt
irgendwo. Leute kommen immer.
Köhlmeier: Herr Moretti, Sie haben in vielen Kinofilmen und Fernseh-Spielfilmen mitgewirkt, sie sind dem breiten Publikum durch eine
Fernsehserie bekannt geworden, sie spielen Theater. Zur Zeit proben Sie am Schauspielhaus Bochum und führen in einer Oper Regie. Ist das
nicht etwas zu vielseitig?
Moretti:
Ich mache keine halben Sachen. Ich bin Schauspieler und dazu gehören ganz verschiedene Rollen. Aber ich mache nicht alles
gleichzeitig, sondern hintereinander. Die Fernsehrollen waren kein Karriereschub, aber sie haben mir ökonomische Freiheit ermöglicht. Seit
1988 arbeite ich ohne festen Vertrag. Ich bin der Meinung, Absicherung ist der Tod der Kunst. (APA)