Wien - Nach einer ersten Lektüre hält man Robert Schneiders Komödie vom deutschen Heimweh noch für ein literarisches Wunschwunderkind, gezeugt in dunkler Nacht von Gabriel Barylli und Erika Pluhar. Schneiders "Komödie" verwickelt ein paar redselige Anfangsdreißiger in ein schwüles Ostsee-Getändel; wirft mit ein paar "rechten" Gesinnungsbrocken mutwillig nach den Liebessprechblasen, bis aus diesen Luft und Lust zischend entweichen. Regisseur Gerd Leo Kuck setzt, wenig verwunderlich, ein chinesisch feines Lächeln auf, wenn man ihn nach der Bewandtnis des Textes befragt. Kuck hält fest, dass der Autor sich in die Proben am Theater der Jugend nicht eingemischt habe. Er sagt: "Wir haben das Stück ja schon einmal in Zürich gemacht. In einer anderen Fassung." Kuck war lange Jahre Intendant des Zürcher Schauspiels, wo er als solider Sparmeister geachtet, aber nicht wirklich geliebt wurde. Er lächelt fein, wenn er an die Mittel denkt, mit denen nunmehr Christoph Marthaler schalten und walten darf. Kuck übersiedelt im Sommer nach Wuppertal, seiner Geburtsstadt, wo er das dortige Zwei-Sparten-Theater mit besorgtem Blick auf die zusehends kargeren Subventionen leiten wird. Schneiders Text mache auch ihm Kopfzerbrechen. Aber für das Kopfzerbrechen ist der gelernte Dramaturg ja zuständig: "Mich interessiert die politische Dimension: die Tatsache, dass hier Figuren, denen es eigentlich gut geht, in amorphen nationalistischen Tendenzen herumstochern." Bei Schneider heißt das: "Ja, auch Nazis waren Menschen . . . Und als sie vor lauter Neid und Missgunst nicht mehr miteinander reden konnten und das Glück des andern nicht mehr ertragen, da fingen sie mit dem Töten an." - Rechtsnationale Stimmungen seien im jungen Establishment unleugbar vorhanden, so Kuck. Und Skins wolle er auf der Bühne nicht zeigen. Schneider als Chronist eines Symptoms: Man muss umlernen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16. 2. 2001)