Wenn es um Wagniskapital geht, sind Unternehmerinnen weiter im Hintertreffen. Springboard2000 schafft erfolgreich ein Forum, mittels dessen bislang 350 Millionen Dollar für Start-ups aufgetrieben wurden. Ein Bericht von Rita Neubauer aus Redwood Shores.
Suzan DelBene kennt die Routine. Es geht um alles oder nichts. In fünf bis zehn Minuten muss sie ihr Unternehmen vorstellen, den Businessplan erklären und eine Vision verkaufen. Und soll das Ganze auch noch witzig und unterhaltsam verpacken. Sie hat das schon Dutzende Male durchexerziert. Einen "Elevator-Pitch" nennen das die rastlosen NordamerikanerInnen. Wer seinen Businessplan nicht in der Zeit, die es für eine Aufzugsfahrt braucht, erklären kann, sollte besser zu Hause bleiben. Suzan DelBene hat in den vergangenen eineinhalb Jahren die Latte zweimal erfolgreich genommen. Nun geht es um die dritte Runde in der Finanzierung von Nimble.com, einem Software-Unternehmen aus Seattle. Sie braucht weitere 15 Millionen Dollar und ein Saal voller WagniskapitalgeberInnen und Angel-InvestorInnen, in der Mehrzahl Männer, wartet auf ihren Auftritt. Sie ist die Nummer drei an diesem Morgen im abgedunkelten Konferenzzentrum von Oracle im kalifornischen Redwood Shores. Nervös sei sie nicht, sagt die 39-jährige Firmenchefin. Geldsuche Zwei Dutzend Unternehmerinnen marschieren an diesem Tag bei Springboard2000 auf. Frauen im feuerroten Anzug oder im eleganten Kostüm mit dezenter Perlenkette. Frauen aus San Diego oder Silicon Valley. Frauen, die Software, Hardware oder Middleware verhökern. Frauen auf der Suche nach Geld. Es ist die fünfte Veranstaltung seit der Gründung von Springboard2000 vor einem Jahr. Die Idee, ein Forum für Frauen zu schaffen, hat sich zu einem wahren "Sprungbrett" für Unternehmerinnen entwickelt. Mehr als 100 Frauen - CEOs, Gründerinnen und Direktorinnen - nahmen daran teil. Über 350 Millionen Dollar regnete es anschließend. Ein erstes Unternehmen, Xenogen, ging gerade an die Börse. Denise Brosseau ist mächtig stolz auf diese Statistik. Ihr Forum for Women Entrepreneurs (FWE), ein gemeinnütziger Verein in San Francisco, hat schließlich Springboard2000 ins Leben gerufen. "Unser Ziel ist es, Unternehmerinnen dort zu unterstützen, wo es diese am nötigsten haben: Geld aufzutreiben." Die Waisenkinder Selbst das ist ein Fortschritt: Zwischen den Jahren 1993 und 1997 war es gerade ein Prozent. Und es liegt nicht daran, dass es nicht ausreichend Frauen in den Führungsetagen gibt. Zwischen 1993 und 1998 stieg die Zahl von Frauen in Managementpositionen bei Firmen, die Venture-Kapital erhielten, von 22 Prozent auf 44 Prozent. Auch werden in den USA 9,1 Millionen Unternehmen von Frauen geführt - immerhin 38 Prozent aller Firmen. Das Problem, so Brosseau, ist ein anderes. "Männer verhandeln am liebsten mit Leuten, die sie kennen, die sie einzuschätzen wissen, mit denen sie Golf spielen oder einen trinken. Und das sind meist Männer. Frauen haben es schwerer, zu diesem 'Herrenclub' Zugang zu finden." Hinzu komme, dass Frauen sich oft unter ihrem Wert verkaufen. Und wer sich unter seinem Wert verkauft, muss sich nicht wundern, wenn die 103 Milliarden Dollar, die Wagniskapitalgeber im Jahr 2000 in 5380 Firmen pumpten, an den Frauen vorbeifließen. "Ich denke, dass Springboard2000 eine Lücke füllt, indem es Frauen hilft, diese Hürden zu nehmen", gibt Richard Decker von Belvedere Capital Partners, einer Investmentfirma, zu. Belächelt Inroads Capital in Chicago ist mit 50 Millionen Dollar der größte auf Unternehmerinnen ausgerichtete US-Fund. Als Sona Wang vor sechs Jahren startete, wurde sie belächelt, ihre Strategie von Kollegen als zu risikoreich eingestuft. "Falsch", sagt Wang, "bei uns gelten für weibliche Entrepreneurs die gleichen Kriterien wie für Männer." Doch bevor Geld fließt, müssen die Hürden bei Springboard2000 selbst überwunden werden. 350 Unternehmerinnen bewarben sich für die Veranstaltung in Redwood Shores. 24 kamen schließlich in die Endrunde. "Ein Privileg", meint Maria Gudelis, die Vizechefin von 3iNetworks, das sechs Millionen Dollar als Erstfinanzierung für seine P2P-Software (Peer-to-Peer) aufzutreiben versucht. Veranstaltungen wie Springboard2000 sind notwendiger denn je, betont Suzan DelBene. Erst recht seit die Venture-Capitalists selektiver und das Wagniskapital knapper geworden ist. Eine Woche nach ihrem Auftritt bei Springboard2000 hat sie zwar noch keine feste Zusage für eine Zusatzfinanzierung, aber: "Wir sind im Gespräch. Und das ist es, was zählt." (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10./11.03.2001)