Wien - Lump, Räuber, Totschläger: Max, der im Schauspielhaus-Schaufenster in einem viel zu warmen Wildledermantel steckt, ist ein harter Mann. "Er ist ganz schön wild", meint auch Freundin Toni und spricht die Worte bedeutend tief ins Mikro. Aus den Wäldern hat es den bösen Max, den asozialen, in die Städte getrieben. Der Pudelschreck (Max Hoffmann), der so viel Wut im Bauch hat, dass er kaum mehr stillstehen kann, hat große Vorbilder: Im Dickicht der Städte wird er den Baal rauslassen.

Wolfgang Schmid heißt der junge Autor aus Bregenz, der rund um den reißerischen Titel Niemand hat ein Arschloch wie ein Cowboy eine frühexpressionistische, ziemlich undramatische Ballade gebaut hat. Wilder Mann tötet, verliebt sich, tötet. Oder wie die Erzählerin und Angebetete in Personalunion, die nicht gerade abendfüllende Brigitte Soucek als Toni, den Plotverlauf auf den Punkt bringt: "Bis der Max platt ist."

Ein Stück wie ein Unfall. Denn worauf Schmid mit Vollgas zusteuert, ist der von allen guten Genien verlassene Mensch. "In a way my head is burning", sang weiland Nick Cave in "Mercy Seat". Die einzigen Artikulationsformen für dieses Leben im Terrordrom sind der Schrei, der Schlag, der Schuss. Anderswo hat man diese mit viel Patina überzogene Vision allerdings auch schon einmal stilsicherer gesehen. Denn Regisseur Martin Schulze zwingt die Hauruck-Geschichte ohne erkennbaren Sinn für Rhythmus auf die Überholspur, beschleunigt den rasanten Text, nimmt ihm jede Form. Stephan Hilpold Schauspielhaus-Schaufenster, 20 Uhr, 9., Porzellangasse 49, Tel.: 317 01 01


Meistens ist das Theater nicht aufregender als das Leben, immerhin aber aufregender gestaltet. Trick! So viel Sorgsamkeit wie Bühnenbildnerin Martina Tscherni etwa auf die in den Bühnenboden des Theater Drachengasse versenkte Sandkasteninsel aus Plüsch verwendet hat, wird den multimedial geplagten Augen selten zuteil. Die Ruhe im doch bewegten Spiel ist eben das, was das Theater im Innersten noch zusammenhält. Wie fatal, wenn nun ein passables Ensemble mit passabler Geschwindigkeit sein Spiel mit delikaten Fragen wie diesen forttreiben muss: "Darf ich mir ein paar Ableger von den Geranien mit nach London nehmen?"

Nein, Charlotte Keatley wollte mit ihrem erstmals 1987 als "My Mother Said I Never Should" entworfenen und umständlich mit Doch die Mutter spricht Mädchen tu das nicht ins Deutsche übersetzten Stück keinen Hausfrauenmuff verbreiten. Ihn aber auch nicht direkt austreiben. Die 1960 in London geborene Autorin und Kritikerin hat es im landläufig-analytischen Sinn auf die Tochter-Mutter-Beziehung abgesehen. Herausgekommen ist in der Inszenierung Michaela Schedays eine - an einem prachtvollen englischen Familienexemplar herausgearbeitete - übersichtliche Schau alltäglicher Generationsdifferenzen.

In weiblicher Linie, von der noch unter Winston Churchill Radio hörenden Uroma bis zur wohlstandsverwahrlosten Urenkelin, deren Tagebuch ein knallbunter Recorder ist, treten auf: Karoline Zeisler, Sunny Timmel, Doina Weber und Ursula Strauss. Allesamt Töchter. Die meisten Mütter. Stanislawski lässt grüßen. Margarete Affenzeller Theater Drachengasse, bis 7.4., 20 Uhr, 1., Fleischmarkt 22, Tel.: 513 14 44 (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13. 3. 2001)