Bühne
Philharmonia Hungarica als Botschafter für die Völkerverständigung
Die rund 70 arbeitslosen Musiker erhalten den Europäischen Kulturpreis
Marl - Das in seiner Existenz bedrohte Exilorchester Philharmonia Hungarica wird mit dem Europäischen Kulturpreis
ausgezeichnet. Die Europäische Kulturstiftung mit Sitz in Basel wolle die Ehrung am 26. Oktober in Straßburg vornehmen, gab Intendant Wolfgang
Rühl bekannt. Der Festakt sei mit einem Konzert des im deutschen Marl in Nordrhein-Westfalen ansässigen Reiseorchesters
verbunden.
Die Kulturstiftung würdige das Orchester als Botschafter für die Völkerverständigung, sagte Rühl. "International ist die Philharmonia
Hungarica anerkannt. Es ist ein Skandal, dass der Bund auf die Weiterführung des Orchesters verzichtet." Das Exilorchester, mit dem
Persönlichkeiten wie Yehudi Menuhin oder Justus Frantz verbunden waren, war in Schwierigkeiten geraten, nachdem die Regierung in
Deutschland zum Jahresende zunächst alle Zuschüsse gestrichen hatte.
Dringend erforderlicher Sozialplan
Derzeit sind die rund 70 Musiker arbeitslos. Einen dringend erforderlichen Sozialplan, der zwischen Insolvenzverwalter und Betriebsrat
ausgehandelt werden müsse, gebe es noch nicht, so Rühl; die jährlich rund 23 Millionen Schilling vom Bund für den
Sozialplan seien blockiert. Deshalb könnten auch nicht, wie von der Deutschen Orchestervereinigung angeboten, 41 Musiker mit finanzieller
Hilfe in andere Orchester vermittelt werden. Auch die Einrichtung einer Auffanggesellschaft und ein Neuanfang mit einer kleinen Philharmonia
Hungarica seien unter diesen Umständen noch nicht möglich.
Modell der Auffanggesellschaft abgelehnt
Das Modell einer Auffanggesellschaft, in die der Bund über fünf Jahre jeweils 3,3 Millionen Mark eingezahlt hätte, hatten die Musiker nach
einigem Abwägen abgelehnt. Nach diesem Modell sollte das nach dem Ungarn-Aufstand gegründete Orchester in verkleinerter Form
fortgeführt werden. Die Auffang-Lösung hatte vorgesehen, ältere Musiker sozialverträglich in die Pension zu führen. Einigen Kollegen sollte
der Einstieg in andere Orchester erleichtert werden. Die verbleibenden Musiker hätten in die neue Philharmonia Hungarica wechseln sollen. (APA/dpa)