Linz - Robert Wolf ist zuallererst gelernter Physiker und dann Stückeschreiber. Dementsprechend kalt-interessiert ist sein Blick auf Schicksale und versuchsorientiert-zynisch der theatralische Umgang mit dem Stoff, aus dem die Lebenshölle ruinöser Großstadtwesen besteht. Der erfolgreiche, unter anderem bei Suhrkamp gelandete Mittdreißiger aus Graz ist hin und her gerissen zwischen Erbarmensgestus und gnadenloser Vorführung von Zerstörungsritualen. Letzteres bleibt dann auch die Stärke der Uraufführungsinszenierung des infernalen Trio-Treibens Im Club der einsamen Herzen am Donnerstag im "Theater Phönix Linz". Die Kooperation mit dem Grazer "forum stadtpark theater" bietet vor allem ein suggestives bühnenbildnerisches Korsett für die delikate, per Videokamera vergrößerte Frauenschlächterei zweier kaputter Entertainertypen in einer trostlosen Tischtelefon-Anbraterei. Georg Lindorfer steckt seine zweibeinigen Lebensekel in abgewetzen Samt, modrige Kommunionskleidchen und metaphorische Handschellen. Das Publikum wird an Barhockern rund um einen vollverglasten Tresen aufgereiht. Dort darf es blutspuckende, fäkalverschmierte Seelen-und Körperabmurksereien zwischen einem Schauspielerwrack, einem moderierenden Geilheits-Anheizer und einer altmädchenhaften Muttermörderin verfolgen. Daran glauben muss schließlich nicht nur die Frauenwunde namens Simone. Ihr stilles Ausbluten kontrastiert heftig zur wilden Zerfetzung lebensgroßer Männerpuppen. Regisseur Steffen Höld hat alles getan, um den sprachlichen Banalitäten und Irrsinnigkeiten das wirklich Teufliche auszutreiben. Anna Maria Gruber, Robert Kahr und Andreas Lust agieren wie interessante, hysterische Tiere in einem Aquarium der realen Schrecken und der peinlich aufflammenden Sentimentalitäten. Robert Wolf ist kein Reality-Stofflieferant. Das ist das Missverständnis der sorgfältigen Glotz- und Gaff-Inszenierung. Kalte Verzweiflungstexte dieser Art gehören gehört. Ganz ruhig und sachlich. Vielleicht wird ein künftiges Publikum dann mehr gefesselt sein als das in der Linzer Vorstadt. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 26. 3. 2001)