Wien - Frankfurter süß für Don Quijote - eine Hommage an einen Ritter als Mehrfachpersönlichkeit, der zwischen alle Bühnengenres gerät. Musik, Orchester, Sänger und das Schauspiel erzeugen im Wiener Schauspielhaus ein empfindsames Spektakel. Und: Winzige Details, kleine Bewegungen und leise Effekte machen diese Aufführung zum Gustostück. Poetisch darin die Puppenoper El retablo de Maese Pedro von Manuel de Falla, in der die Sänger offen als Spieler agieren. Don Quijote (stimmlich überzeugend Alfred Burgstaller) greift in die eigene Geschichte ein und tötet seine Verfolger-Puppen. Alles Szenische (bis auf die Puppenoper) verliert hier aber oft an Dynamik, hinkt einer Musik hinterher, die stimmig ist.

Als Ouvertüre de Fallas Cembalokonzert: Höfisch, das 18. Jahrhundert in Tanzrhythmen beschwörend und mit dem Musikmaterial doch in unserer Zeit beheimatet, eröffnen ausgezeichnete Instrumentalisten das Projekt. Eine Karussellfahrt beginnt: Filmprojektionen des Helden auf einem gerafften Vorhang, dann die Szenen am Würstelstand - dem Ort des Geschichtenerzählens.

Don Quijote darin? Ein Asket als Verweigerer jeglichen Lustgefühls - wie ein Fremdkörper in seiner galanten Kleidung zwischen Männern, die sich die Hände schmutzig machen. Eher Zuschauer denn romantischer Ritter für die Gerechtigkeit. Don Quijote schließlich als Spiegel, in dem sich immer wieder alles verzerrt: die spanische Geschichte, seine Liebe zu Dulcinea, Wien mit Frankfurter Würsteln, Kammermusik und Minioper. Was Regisseur Christopher Widauer und Librettist Martin Mosebach pasticcioartig zusammenfügen, ist letztlich die klingende Vielfalt von Kunst überhaupt. Bestechend bis zum Schluss. Der Epilog mit de Fallas Komposition Psyche unter der musikalischen Leitung von Geiger Ernst Kovacic erweist sich dann allerdings als Krönung. Johanna Wölfl hat Don Quijote nach innen gewandt - seine Seele mit ihrer kräftig tragenden Sopranstimme wieder zurück nach Hause geführt. Wo auch immer: zwischen Wien, Frankfurt oder irgendwo in Spanien. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 7. 5. 2001)