Wien - "Irgendwann ist der Rubikon überschritten", stieß der mächtige Metallerboss Rudolf Nürnberger wutschnaubend drohend hervor. Nicht nur SPÖ-Gewerkschafter, auch ihre ÖVP- und FPÖ-Kollegen waren noch nach dem Ende der ÖGB-Sitzung am Donnerstag über die Regierung und ihre Hauptverbands-Pläne empört: Diese Wut wird sich vorerst in einer ÖGB-Protestdemo entladen - Betonung auf vorerst. Denn selbst der vorsichtige ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch will Streiks nicht ausschließen: "Der ÖGB ist bereit, alle demokratischen Mittel auszuschöpfen." Druck auf Fasslabend

Demonstriert wird kommenden Donnerstag, am Tag vor dem geplanten Beschluss des Hauptverbandes neu. Schwarze und blaue Gewerkschafter wollen es aber dabei nicht belassen: Auch sie haben der Protestdemo zugestimmt - und reden nun ihren Parteikollegen scharf ins Gewissen. "Die ÖVP wird dem Hauptverband hoffentlich nicht zustimmen", formulierte Christgewerkschafter Fritz Neugebauer drohend. Harsch redeten die Metaller-Christgewerkschafter auch "ihrem" ÖAAB-Obmann Werner Fasslabend ins Gewissen: Der Hauptverband neu sei "mit christlich sozialen Werten" unvereinbar. "Ich appelliere an die ÖAAB-Abgeordneten, dem Hauptverband neu nicht zuzustimmen", warnte Anton Halusa die 25 ÖAAB-Abgeordneten der ÖVP. Und drohte: Sollte Fasslabend im ÖVP-Parlamentsklub nicht die Interessen der Arbeitnehmer vertreten - gebe es erstens eine Personaldebatte über die ÖAAB-Führung und zweitens keine Zahlungen mehr. Nicht einmal der blaue Gewerkschafter Günther Hecht versteht den Kurs "seiner" Regierung. Auch er ist gegen den Hauptverband neu - und begründet das so: "Als Arbeitnehmervertreter hat man dafür zu sein, dass die Sozialversicherung bleibt." An einer Nebenfront entlud sich die Wut auch über die Wirtschaft(skammer), die sich in Sachen Hauptverband gegen den ÖGB und auf die Seite der Regierung stelle. Damit drohe ein Bruch der Sozialpartnerschaft: "Eine sehr, sehr ernste Situation", formulierte es Nürnberger. Der Leitende Sekretär Richard Leuthner assistierte: "Die Wirtschaft muss sich deklarieren. Von einem Partner erwarten wir, dass er zu Vereinbarungen steht." (DerStandard,Print-Ausgabe,29.6.2001)