Sozialminister Herbert Haupt hat beschlossen, Frauen- und Mädcheneinrichtungen zu evaluieren - sprich zu "bewerten", zu "beurteilen" (so der Duden). Schön und gut. Natürlich soll geprüft werden, wohin Steuergelder fließen. Nur ist die Idee nicht neu - und wird schon seit Jahren ausgeführt. Es wurden bisher noch nie Förderungen "verschenkt", ohne zu prüfen, welchem Zweck sie dienen und wofür sie verwendet werden. Die Mitarbeiterinnen von Frauenprojekten leisten jährlich viele Stunden ehrenamtlicher Arbeit für Vereinsorganisation und –struktur ... und dazu gehört auch die jährliche Antragstellung an öffentliche Stellen um Förderungen. Und deren Anforderungen steigen jährlich: Antrag stellen, Zahlenstatistik vorlegen UND einen Qualitätsnachweis erbringen. (Vom Verhandeln ums Geld ganz abgesehen.)Die Evaluierung passiert also schon lange. Jahr für Jahr. Dass der Sozialminister (nebenbei auch irgendwie für Frauenagenden zuständig) nun verkündet, "evaluieren" zu wollen, kann nichts gutes verheißen. Offen ist, welche neuen Kriterien nun zählen sollen. Was ist des Ministers "Schwerpunktsetzung"? Durch die bisherige Praxis der Subventionsvergabe waren Frauen- und Mädchenprojekte von der jeweiligen politischen Lage abhängig. Dass sich diese unter einer schwarz-blauen Regierung sehr verändert hat, ist tagtäglich den Medien zu entnehmen. Die, die besonders unbequem sind, sollen bitte gar nicht mehr gefördert werden! Das trifft vor allem feministische Medien und Kultureinrichtungen. Denen wird der Geldhahn doch gleich zugedreht. Dass die Markt beherrschende "Krone" gefördert wird, und "Die Presse" die große Gewinnerin der Presseförderung ist, passt da nur allzugut ins Bild. Aber zurück zum Schwerpunkt - der IT-Bereich soll es sein. Das ist wichtig und modern. Da gibt es schon einige Frauenprojekte. Sie könnten die Nutznießerinnen der neuen Schwerpunktpolitik Haupts sein. Oder aber es sprießen viele neue aus dem Boden. Sicherlich keineswegs alibihalber. Gewalt an Frauen ist im Gegensatz dazu ein alter Hut - Gesellschaftskritik auch - und die, die es thematisieren (so wie feministische Medien zum Beispiel) sowieso. Wenn mensch sich die vielen aus dem Boden geschossenen Auszeichnungen für ehrenamtliche Arbeit anschaut, scheint diese Ehrenamtlichkeit auch das Ziel der Regierung zu sein. Die gesellschaftlich wertvolle Arbeit, die Frauen- und Mädchenprojekte leisten, indem sie viele durch das herrschende Patriarchat hervorgerufene Missstände abfedern, muss der Gesellschaft auch etwas wert sein! Nämlich in Geldform. Aber da scheint im Ministerium ein Bewusstseinsdefizit zu herrschen. Dieses Defizit wird auch in anderer Hinsicht klar: Im Zusammenhang mit Frauenhäusern sprach der Sozialminister wörtlich von „Hospitalisierung" und notwendiger „Resozialisierung der Frauen". Hier wird die Bedeutung von Opfern und Tätern völlig umgekehrt (Opfer: die vor Gewalt Flüchtenden bzw. sich auf ihre Art Wehrenden; Täter: im Falle von Frauenhäusern die Männer zu Hause). Sollen die Opfer männlicher Gewalt in ein Krankenhaus aufgenommen bzw. in eine psychiatrische Einrichtung zwangseingewiesen werden? Das bedeutet "Hospitalisierung" nämlich. Sollen Frauen "Rehabilitationsmaßnahmen in Richtung der sozialen Wiedereingliederung nach einer Krankheit" (dem Roche-Lexikon der Medizin nach die "Resozialisierung") unterworfen werden? Am besten werden die Opfer zu Tätern. Dann muss das Problem der Gewalt in der Familie erst gar nicht bei der Wurzel angepackt werden; und ein mit Frauenagenden betrauter Minister sich nicht mit ungleichen Machtverhältnissen zwischen den Geschlechtern auseinandersetzen. Vielleicht hatte Haupt aber auch grad kein Lexikon zur Hand ...