Wien - "Im Theater gibt es immer so merkwürdige Zufälle", sagt Gustav Ernst. Im Herbst kommt der Autor nach längerer Pause gleich zu zwei Uraufführungen an Wiener Mittelbühnen - ein Doppelpack wie schon 1997 mit "Faust" und "Casino". Warum das so ist, weiß keiner. "Es kommen da immer erfreuliche Unwägbarkeiten zusammen", ist Ernst zufrieden, doch ratlos. Doch nicht nur von ihm gibt es mit "Ideale Verhältnisse" im Theater Drachengasse und "Strip" im Theater Gruppe 80 zwei Novitäten, insgesamt können österreichische Autoren im kommenden Herbst in der Wiener Mittel- und Kleinbühnenlandschaft reiche Ernte einfahren. Chance für heimische Dramatik Im Ensemble Theater am Petersplatz feiert Wilhelm Pevny am 7.11. mit "Rückkehr ins Paradies" (Arbeitstitel) sein Bühnen-Comeback (Regie: Dieter Haspel). Der junge Grazer Robert Wolf ist mit seinem neuen Stück "Russland Salon" ("eine Farce, ein Familienmassaker, eine Spießbürger-Entlarvung", nennt es Regisseur Georg Staudacher) bereits kurz nach der Premiere beim steirischen herbst ab 26.10. im Rabenhof präsent, wo zuvor ab 28.9. die Wolfi-Bauer-Uraufführungsproduktion "Cafe Tamagotchi" wieder aufgenommen wird. Und schließlich werden Felix Mitterers 1999 in Innsbruck uraufgeführte "Tödliche Sünden" von der Gruppe 80 ab 11.9. erstmals in Wien gezeigt (Regie: Helmut Wiesner). Angesichts des (mit Ausnahme des Volkstheaters) geringen Interesses der Großbühnen für kontinuierliche Pflege heimischer Dramatik scheinen die kleineren Theater hier zunehmend ihre Chance zu wittern. Zum Theater zurückgebracht Die Inszenierung beider Uraufführungen von Gustav Ernst übernimmt Erhard Pauer. "Mit ihm verbindet mich eine langjährige Zusammenarbeit", erzählt der Autor, "er hat mich eigentlich zum Theater zurück gebracht". Am 15.10. hat "Ideale Verhältnisse" in der Drachengasse Premiere - Momentaufnahmen aus den letzten dreißig Jahren österreichischer Geschichte, erzählt anhand einer einzigen Beziehung. "Das Stück spielt ausschließlich im Ehebett", schmunzelt Ernst. Es spielen Edith Hollenstein, von der die Idee stammt, und Jörg Stelling. Am 30.12. folgt "Strip" in der Gruppe 80 - eine Reaktion auf die "bedrängenden Zustände", denen sich Autoren ausgesetzt sehen: "Politisch ist alles zunehmend restriktiv, der Markt wird eng - in 'Strip' überlegen sich drei Autoren, die Produkte ihres Geistes unter Einsatz ihres Körpers zu vermarkten." Am Markt präsent bleibt Gustav Ernst indes auch im kommenden Frühjahr: Dann bringt das Volkstheater sein Auftragswerk "Lulu" in der U3-Nebenspielstätte zur Uraufführung. Ein ewig zeitgenössischer österreichischer Autor darf natürlich auch in den kleineren Wiener Spielstätten nicht fehlen: Die Gruppe 80 würdigt Jahresregent Johann Nepomuk Nestroy ab 9.11. mit Helmut Wiesners Inszenierung von "Mein Freund", ab 4.9. gastiert das Wiener Kindertheater mit "Der Zerrissene" im Ensemble Theater am Petersplatz. Dort bietet die Wiener Erstaufführung von Marc Ravenhills "Gestochen scharfe Polaroids" (Regie: Hans-Peter Kellner) ab 3.10. ein aufregendes Kontrastprogramm. Aktionstheater-Trilogie "spell" Die Saison der "dietheater" wird im Künstlerhaus mit der Aktionstheater-Trilogie "spell" eröffnet. Die Reihenfolge läuft rückwärts: ab 1.9. ist der 3. Teil, der "Sturm" von Shakespeare zu sehen, ab 6.9. die Wiederaufnahme von "giordano b ketzer" von Andreas Staudinger, und ab 12.9. wird der erste Teil der Trilogie "ich kanzler", ein Märchen nach Carlo Gozzi, gezeigt. Dreifach-Regie führt Martin Gruber. "Undine", eine Performance mit Claudia Mader nach Ingeborg Bachmann, bildet ab 6.9. den Auftakt im Konzerthaus. Ab 21.9. gestaltet dort das Theater Kinetis einen Abend über Antonin Artaud. Wenig einladender Titel: "Man soll mich doch in Ruhe scheißen lassen". (APA)