Der Dramaturg und ehemalige Burgtheater-Kodirektor Hermann Beil hat mittlerweile schon einige Erfahrung gesammelt mit den Dramen und Stückerln, die man sich hierzulande auch rund um das Theater gerne leistet. Jetzt hat ihn die vom Wiener SP-Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny und vom VP-Kunststaatssekretär Franz Morak eingesetzte Jury zum Alleinfavoriten für die Leitung des Theaters in der Josefstadt erkoren - was im Prinzip noch gar nichts bedeuten muss. Aber für die von Beil und Claus Peymann kompilierte Weltkomödie Österreich sollte der Wirbel, der nicht erst von dieser Juryentscheidung ausgelöst wurde, allemal einen weiteren Akt abwerfen: ein Kammerspiel der Eitelkeiten und Irrungen, bei dem man sich fragt, ob es nun den Titel Kasperltheater Wien oder Die vorletzten Tage der Josefstadt tragen könnte. Was für eine Glanzbesetzung: der aufstrebende Stadtrat, der wohl auch gerne einmal Bundespolitik machen würde und dafür schön langsam vorzeigbare Ergebnisse braucht. Der Staatssekretär als Ex-Burg-Star, den bei Namensnennungen wie "Peymann" und wahrscheinlich auch "Beil" immer noch unerquickliche Erinnerungen plagen. Der Noch-Direktor Helmuth Lohner, der in Sachen Josefstadt an Rituale der Erbfolge glaubt und deshalb Beil gern doch noch einen Karlheinz Hackl ins Kreuz hauen würde. Weiters: Bürgermeister Michael Häupl, der sich für "seinen" Stadtrat nicht sonderlich interessiert und diesen ganz gern auflaufen lässt. Last but not least: eine Öffentlichkeit, die felsenfest davon überzeugt scheint, dass die Zukunft der Josefstadt mindestens eine Staatsaffäre ist - wenn nicht gar von universaler Bedeutung. Man darf gespannt sein, ob der zukünftige Direktor - egal, ob er Hermann Beil heißt oder nicht - diesem Wirbel auch künstlerisch Aufregendes folgen lässt. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17. 10. 2001)