Staatsoperndirektor Ioan Holender ärgert sich über den Subventionsgeber, freut sich aber auf Peter Konwitschny, der in Wien 2004 Verdis "Don Carlos" inszenieren wird. Zusätzlich plant er einen neuen "Ring des Nibelungen", eine Probebühne und eine Opernuraufführung.
von Ljubisa Tosic
Wien - "Mein Ruf ist ja etwas bizarr!", entschlüpft es dem Staatsoperndirektor fast mit ungläubigem Staunen. Ioan Holender bezieht sich damit allerdings nicht auf die unlängst veröffentlichte Kritik eines "Bewohners" der Direktionsloge. Trotz der Attacken, welche dieser knapp vor seinem 90er und rechtzeitig zur Neuerscheinung seines Buches "Marcel Prawy erzählt aus seinem Leben" geritten hat, zollt Holender dem Zürnenden "Respekt für seine lange Erfahrung". Aus, basta!

Holender meint eher die Regiewelt und deren Vertreter; denn einen von ihnen hat er unlängst getroffen, und er muss dabei eine gewisse Reserviertheit registriert haben, die sich nun im Falle von Peter Konwitschny ins Gegenteil verkehrt haben dürfte.

"Wir haben einander jetzt erst kennen gelernt; er wird an der Staatsoper 2004 die vollständige französische Fassung von Verdis "Don Carlos" inszenieren. Wir zeigen an einem Abend jenen "Don Carlos", den wir haben, und am nächsten Konwitschnys Version. Ich muss sagen: Ich habe seinen Hamburger "Don Carlos" gesehen und war noch nie so überzeugt von einem Konzept. Wer das nicht versteht, dem kann ich nicht helfen."

Apropos Hilfe. Die würde er sich vom Subventionsgeber wünschen. "Für 2002/03 fehlen mir 17 Millionen Schilling wegen der kollektivvertraglich verpflichtenden Bezugserhöhungen; und ich bekomme das Geld nicht. Ich muss das mit dem Plus der Vorsaison ausgleichen, sonst würde mir das Budget nicht bewilligt. Das ist total gegen das Ausgliederungsgesetz!"

Holender möchte "das Plus, das ich erwirtschafte, für den künstlerischen Bereich nutzen. So werde ich für den Erfolg bestraft. Das Erwirtschaftete ist nicht dazu da, um für den Subventionsgeber einzuspringen. Im Laufe des nächsten Jahres müssen Entscheidungen fallen. 2003/04 kann das so nicht weitergehen!"

Die Sache wird dadurch nicht angenehmer, dass seit dem 11. September pro Vorstellung an die 50 Hochpreiskarten wegen Stornos aus dem Ausland liegen bleiben. "Ich kann auch die Gagen nicht ewig drücken. Es ist so, dass etwa die Spitzengagen in München um 70.000 Schilling über dem Wiener Niveau liegen. Irgendwann werde ich gewisse Sänger nicht mehr bekommen. Das kann nun wirklich nicht sein!"

Eine neue Oper

Holender plant natürlich weiter, bis Ende seiner Amtszeit 2007 soll es noch ein Auftragswerk geben: "Ich bin mit Olga Neuwirth im Gespräch. Ich könnte mir auch vorstellen, dass Aribert Reimann noch einmal etwas schreibt. Gerne möchte ich auch für 2006/07 noch einen neuen "Ring des Nibelungen" produzieren. Das sollte an vier aufeinander folgenden Tagen stattfinden."

Für diese logistisch aufwendige Idee, die vor einigen Monaten in Meiningen verwirklicht wurde, bräuchte es indes noch eine Probebühne. Auch die eine oder andere Reise mehr würde Holender sinnvoll finden. "Die Staatsoper wäre froh, für die Länder Ost- und Südosteuropas als kulturpolitischer Emissär benutzt zu werden. Überhaupt sollte man sich mehr um die Kulturleistungen dieser Länder kümmern. Wir würden konzertante Oper machen. Wie jetzt in Bukarest und Paris." Blickt er über die Belange seines Hauses hinaus, und das tut er ja gerne, dann stellt er fest, dass aus dem Ost-Theatertreffen, das er angeregt hat, nichts wurde. "Dafür haben wir jetzt die Nestroy-Gala, da feiern wir uns selbst. Und wir haben um viele Millionen diesen Sterne-Pfad durch die Stadt geschaffen - mit prominenten toten Musikern, diesen "Walk of Fame". Ein Kindertheater haben wir aber nicht. Das ist fahrlässig und schändlich! Das können Sie ruhig schreiben. Dafür haben wir ein Kindermuseum. Und sagen Sie mir nicht, dass wir das Theater der Jugend haben! Das reicht nicht." (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19.11. 2001)