dieStandard.at: Du hast am Journalistinnenkongress deine Diplomarbeit über Journalistinnen in der österreichischen Tagespresse der Gegenwart vorgestellt. Deine Forschungsergebnisse waren wie erwartet nicht gerade rosig. Hast du mit so einem Ergebnis gerechnet? Gerngroß-Hirt: Na ja, eigentlich schon. Ich bin schließlich selbst seit 1989 in dieser Branche tätig. Sprich sofort nach meiner Matura hab ich bei der Kleinen Zeitung angefangen und dann neben dem Studium als freie Mitarbeiterin in Hartberg und in Graz gearbeitet. Die klassische Laufbahn eben, ich habe immer mehr redaktionell gearbeitet, was für die Regionalredaktion soviel heißt wie: du machst von der Datenrecherche über die Fotobearbeitung bis zum Seitenlayout alles. dieStandard.at: Dann hast du ja quasi als Spezialistin in deinem eigenen Metier geforscht. Gerngroß-Hirt: Stimmt. (lacht) Natürlich hat mir bei der Erstellung meiner Diplomarbeit mein Insiderwissen geholfen, zum Beispiel wie Redaktionen und Zeitungen aufgebaut sind oder wie gearbeitet wird. dieStandard.at: Und wieso ausgerechnet eine Diplomarbeit über die Frauen in der Journalismusbranche? Gerngroß-Hirt: Da gab es zwei Beweggründe. Ich wollte ganz einfach nicht die „137. Diplomarbeit über Goethe“ machen, die dann nur in der Germanistikbibliothek steht. Ich wollte für mich etwas leisten, und nicht nur einfach eine lästige Pflichtübung machen. Und damit das ganze den Umfang einer Diplomarbeit nicht sprengt, hab ich mich auf die Tagespresse der Gegenwart beschränkt, obwohl es auch ausgesprochen gute Journalistinnen in der gesamten Medienbranche in Österreich gibt. Und ich habe es meines Wissens nach erstmalig in Österreich geschafft, exakt den genauen Frauenanteil der Tagespresse zu erheben, rein was Journalistinnen betrifft. Zum Thema Frauen in den österreichischen Medien gibt es zwar bereits Untersuchungen, aber die waren für mich zu wenig exakt. Einerseits gibt es natürlich Daten, wie viele Frauen wo angestellt sind, aber da sind dann alle Angestellten, sprich auch Redaktionsassistentinnen und Sekretärinnen, die natürlich auch sehr wichtig sind, aber für meine Untersuchung nicht relevant, dabei. Außerdem geht da der große Anteil der freien Mitarbeiterinnen unter. Es gibt auch eine Untersuchung aus dem Jahr 1985 von Daniela Jentzsch und Gaby Schilcher, die die Impressa der österreichischen Tageszeitungen nach Frauen in den Führungsetagen durchsucht haben. Aber da die Impressa ziemlich unterschiedlich in ihrem Umfang sind, finde ich diese Methode nicht so exakt. Ich hab mich schließlich entschieden, einen Fragebogen an die Chefredakteure der 15 österreichischen Tageszeitungen zu mailen/schicken und habe damit eine unglaubliche Rücklaufquote von 13 von 15 erreicht. dieStandard.at: Das ist ja ausgesprochen repräsentativ. Gerngroß-Hirt: Durchaus, ja. Die meisten waren auch nett und hilfsbereit. Aber gerade dort, wo ich mehr Kooperation erwartet hätte, bin ich auf ziemliche Ablehnung gestoßen. Einen Chefredakteur hab ich sogar in meiner Diplomarbeit zitiert, weil ich finde, dass es klar zeigt, wie schnell Männer da in einen Argumentationsstand kommen. Er hat nämlich gemeint, dass er keine Angaben machen will, wie sich der Frauenanteil in seiner Zeitung verändern wird, da er mir da gar keine Rechenschaft schuldig ist. Und der zweite Teil der Diplomarbeit beschäftigt sich mit der Textanalyse dreier österreichischer Journalistinnen, um eine eventuelle „weiblichen Schreibweise“ festzustellen. dieStandard.at: Und was waren für dich die wichtigsten Ergebnisse, die bei deinen Untersuchungen herausgekommen sind? Hat dich da etwas überrascht? Gerngroß-Hirt: Überrascht hat mich eigentlich nichts. Ich habe es nur ausgesprochen interessant gefunden, dass sich bei der Lektüre der wissenschaftlichen Literatur vieles bestätigt hat, was ich im Laufe meines Berufslebens so erlebt und entdeckt habe. Zum Beispiel wie sich Frauen versuchen im Journalismus zu etablieren, oder intern, wie Männer agieren und wie Frauen. Da habe ich mich eher bestätigt, als überrascht gefunden. Da möchte ich auf ein Zitat von Elisabeth-Gernsheim aus ihrem Buch „Der geschlechtsspezifische Arbeitsmarkt“ hinweisen, das ich in die Schlussbetrachtung miteinbezogen habe: „Eine 'Chancengleichheit' der Frau im Beruf ist deshalb so lange nicht zu erwarten, wie etwa die im weiblichen Arbeitsvermögen angelegte Personen- und Bedürfnisorientierung, die Bereitschaft zu eher klienten- als karriereorientierter Aufgabenbereitung im Berufssystem mit sozial-hierarchischer Unterprivilegierung 'honoriert' wird.“ dieStandard.at: Und, was hast du für dich mitgenommen aus der Arbeit? Gerngroß-Hirt: Na ja, ich bleib sicher an diesem Thema dran. Wie und in welcher Form wird sich noch weisen. dieStandard.at: Viel Glück dabei und danke für das Interview! Das Interview führte Elke Murlasits.