Freilich gibt es heute auch noch typische "Journalisten-Lokale", typische "Politiker-Beisln" und Bars, die sich bei Halbwelt und Pseudoprominenz großer Beliebtheit erfreuen. Aber eigentlich ist die Zeit, als die jeweiligen Zünfte auch ihre angestammten Gastronomien besaßen, vorbei.Nun existieren aber eben Berufsstände, die auf Außenstehende eine große Anziehung ausüben, und deren Thematisierung in einer Bar, einem Restaurant also Wettbewerbsvorteile verspricht. Weshalb eine alte Fleischhauerei in der Wiener City kürzlich zu "the lookbar" wurde, einem Lokal, das verheißt, dass sich hier die Model- und Modeszene abzuspielen pflegt. Weshalb man das Gewölbe mit einer Theke versah, die dank einer Treppe an jedem Ende auch als schmaler Catwalk benutzt werden kann, und vor allem dazu, gefahrlos zum Tabledance aufzusteigen, der ja bekanntlich die liebste Freizeitbeschäftigung von Models ist. Außerdem ganz wichtig: drei grimmige Security-Menschen, auf dass man sich brav benehme angesichts so viel menschlicher Schönheit. Wobei die in Zukunft vielleicht mal kommen möge, einstweilen unterscheidet sich die Bar nämlich in kaum irgendeinem Punkt von anderen Clubs/ Bars: Man hat rotes Licht, man hat die üblichen Getränke, wummernde Musik, muskulöse Barkeeper, und das war's dann auch. Ah ja, ein Restaurant im ersten Stock gibt es auch, wo der gebürtige Amerikaner Robert Morton, unter anderem im Palais Schwarzenberg, im "L'Artiste", bei Do & Co und zuletzt im "Villa Vita" im Pamhagner Hotel Pannonia tätig, seine euroasiatische Fusionsküche praktiziert. Deren Krönung das Abendmenü jedoch nicht sein dürfte, denn die gebratenen Riesengarnelen auf Fenchel-Orangen-Salat (öS 98 / EURO 7,12) waren brav, die Tomatenconsommé mit kleinen Basilikumravioli (öS 42 / EURO 3,05) zu süß, der Spieß mit nicht ganz durchgebratenen Tintenfischen auf Zitronenrisotto und Jungzwiebeln in Tempura-Teig (öS 160 / EURO 11,63) eine wenig originelle Kreation und das Kängurusteak mit Gnocchi sowie jeder Menge Gemüse-Zierrat innen roh und außen verbrannt (öS 190 / EURO 13,81). Das Ganze im Ambiente eines Nachtclub-Restaurants, in dem man eher mit Toast Hawaii oder Clubsandwich rechnen würde. Insofern eh eine positive Überraschung. derStandard/rondo/7/12/01