Mailand - Kein Geringerer als Stardesigner Giorgio Armani protestiert gegen jegliche Art von Luxus. "Die Zeit ist gekommen, um echte Werte zu fokussieren", so der 67-jährige Modezar aus Mailand. Seine Kollektion war denn auch vom Arbeiter- und Soldaten-Look inspiriert. Militär-Jacken und körperbetonte Sakkos, die im krassen Gegensatz zu der gewohnt weichen Komfortlinie des Stylisten standen, dominierten bei seiner in Mailand gezeigten Herbst-Winterkollektion 2002/2003.

Der Mailänder Trendsetter zeigte diesmal keine Mode-, sondern eine Armani-Revolution. Selbst die Farben wichen von den gewohnten Grau- und Blautönen ab. Er konzentrierte sich auf Beige, Braun und viel Schwarz. Zum neuen Kult dürften auch die Armani-Rippen- und -Streifenpullis avancieren, die neuerdings nicht über, sondern in den Hosen getragen werden.

Der 11. September hat auf die Mailänder Herrenmode zweifellos Einfluss gehabt. Auch Miuccia Prada wollte diesmal nichts vom modischen Überfluss wissen und besann sich auf ihre minimalistische Grundlinie: Neues war in der eher ängstlich wirkenden Prada-Kollektion kaum zu sehen. Sie war einzig in ihrem Cross-Dressing, in der Kombination von City-und Freizeitmode, tonangebend. Da wurden etwa kurze Strickjacken mit Zippverschluss über langen Hemden getragen. Besser als Prada kam die Kollektion des ehemaligen Prada-Stylisten Nike Barret an, der mit seinem elegant-klassischen, aber flotten Look an Helmut Lang in den Neunzigerjahren erinnerte.

Auch Edelschneider Gianfranco Ferré wurde durch die Terroranschläge aus seiner üblichen heroischen Traumwelt gerissen. Er überraschte diesmal durch eine unerwartet realistische City-Mode. Seine Kamelhaarmäntel mit Nerzfutter, seine pelzgefütterten Lodenmäntel sind modische Spitzenleistungen. Übrigens plant Ferré, dessen Imperium inzwischen verkauft wurde, in naher Zukunft eine Haute-Couture-Kollektion.

Im jungen Bereich fielen vor allen Andrew Mackenzie mit seiner brutal-mystischen Hardrock-Mode und John Richmond mit seinem 60er-Jahre Nostalgielook auf. (tbk/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21.01. 2002)