Der Regisseur bleibt mindestens fünf Jahre und soll beim Seebühnen-Unternehmen für Kontinuität sorgen.Bregenz - Regisseur David Pountney sitzt lächelnd vor dem Auditorium, Haare zurückgekämmt, leicht nervöse rote Backen unter den pompösen Koteletten, und liest vom Blatt. Sein Deutsch sei noch nicht gut genug für die freie Rede, entschuldigt er sich, um dann seinen Vorgänger "Alfred" in perfektem Hochdeutsch zu würdigen. Denn "es war Alfred", der ihn vor zehn Jahren "in einer Strandhütte in Adelaide anrief, um mich nach Bregenz zu holen". Natürlich, sagt Pountney, hätte er es leichter gehabt, den Posten nach einer Zeit des Misserfolgs zu übernehmen. So aber werde er eine "Maschine in exzellentem Zustand" übernehmen - "es ist meine Pflicht, diese Dynamik zu erhalten". Festspielpräsident Günter Rhomberg ist "sehr glücklich", denn wesentlich bei der Intendantenkür sei die Hoffnung auf Wahrung der Kontinuität gewesen. Und so spricht Pountneys langjährige Verbundenheit mit Bregenz gegen eine Revolution am See. David Pountney, Brite aus Oxford, arbeitet seit 1989 immer wieder in Bre- genz, inszenierte fünf Produktionen auf der Seebühne und im Festspielhaus. Damit ist er der bislang meistbeschäftigte Regisseur am Bodensee, wie Alfred Wopmann anmerkte, und einer der erfolgreichsten: Vor allem seine Interpretation der Verdi-Oper Nabucco 1993/ 94 und die Fidelio -Inszenierung im Jahr darauf hätten Kritik und Publikum überzeugt. Zur Präsentation des neuen Intendanten ließ sich Festspielpräsident Günter Rhomberg von den Vizepräsidenten Siegfried Gasser (VP) und Willhelm Muzyczyn (SP) begleiten. Mehr als Statisten waren die Funktionäre auch bei der Bestellung nicht. Denn die Suche des neuen Festspielleiters war Chefsache. Günter Rhomberg ließ sich zwar vom Festspielbeirat unterstützen und aus der Nachbarschaft (Peter Jonas/Bayrische Staatsoper, Klaus Zehelein/Opernhaus Stuttgart, Michael Schindhelm/Theater Basel) beraten, das Headhunting übernahm der Textilindustrielle i. R. aber selbst. Und so traf sich Rhomberg schon Monate vor der offiziellen Ausschreibung (auf die 25 Bewerbungen folgten) mit Favorit Pountney in London. Obwohl Rhomberg "nicht auf der Suche nach einem Regisseur, sondern einem Theaterleiter für das ganze Jahr" war, gelang es ihm, den Briten nach Bregenz zu locken. Verpflichtet wurde David Pountney bis 2008. Rhombergs Ziel: "Es sollten mindestens zehn Jahre werden." David Pountney werde es in Bregenz nicht einfach haben, meinte Rhomberg. Schließlich hätten die Festspiele "ein Standing erreicht, das neue Akzente schwierig macht". Was auch für Besucher- und Verkaufszahlen gelte. Rhomberg: "Innerhalb von vier Wochen müssen 140 Millionen Schilling aus Kartenerlösen erreicht werden." Im Vorjahr besuchten insgesamt 197.813 Menschen die Bregenzer Festspiele, die Auslastung lag bei 97 Prozent. Dass Pountney die Menschen an den See, er sagt "Meer" dazu, ziehen kann, hat er bewiesen. 300.000 sahen seine Version von Nabucco . Das Spiel auf dem See will Pountney künftig nicht als zentrales Element der Festspiele sehen, sondern "als Spitze einer Pyramide". (jub, mh/ DER STANDARD, Print-Ausgabe, 7. 2. 2002)