STANDARD-Mitarbeiter Peter Cossé
Salzburg - Eine große Oper, kooperierend auf zwei Theater aufgeteilt - das bedeutet verminderte Kosten und im Glücksfall ein doppeltes Vergnügen. Es besteht aber auch die Gefahr, dass sich der eine wie der andere Veranstalter etwas einhandelt, mit dem er sich nur ungern wirklich identifizieren könnte. Ein solches Unbehagen an einer ganz und gar althergebrachten, im Szenischen (Renzo Giaccheri) und im Bühnenbildlichen (Michele Canzonieri) fast schon schimmligen Version von Vincenzo Bellinis Norma möchte man beim Salzburger Landestheater-Direktorium voraussetzen. Denn selten musste man in Salzburg eine so bieder aufgestellte Produktion erleben wie jene in Zusammenarbeit mit dem Teatro Massimo Bellini aus Catania (Tourneeproduktionen italienischer und osteuropäischer Reisesonderangebote mit eingeschlossen). Operntheatralischer Stehkonvent So durfte man sich im Verlauf eines operntheatralischen Stehkonvents an manchen Sängerleistungen erfreuen und an der gedanklich und farblich sehr akzentuierten Leitung des Mozarteum-Orchesters unter der Leitung des erfahrenen, nach Kräften stimulierenden Dirigenten Anton Guadagno. Bemerkenswert der italienisch timbrierte, im Dramatischen mitteilsame Tenor Emil Ivanov (Pollione), souverän und verständlich Peter Wimberger als Oroveso, mit vorteilhaftem Material bedacht Mirjam Tola als Adalgisa. In der kleinen Partie des Flavio blendete sich Josef Köstlinger in bester Abstimmung auf die Farbe des Pollione ein. Problematisch allerdings die Titelrolle: Kathleen Cassello scheint hier im falschen Fach zu agieren. Für eine Norma bedarf es einer strahlenden, ausgeruhten Höhe mit darstellender Qualität. Cassello, die vor Jahren als Königin der Nacht überzeugte, rettet sich mehr schreiend als singend über die exponierten Runden, freilich wieder Fuß fassend, wenn sie ihre sonore Tiefe und ihr vitales Piano einsetzen konnte. Dennoch: Es gab während der Aufführung im Kleinen Salzburger Festspielhaus übermäßig wohlwollende, zum Teil doch eher unkritisch wirkende Reaktionen - für eine Inszenierung gleichsam im Rückwärtsgang. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12.02. 2002)