Betrifft: Gastkommentar "Personalpolitik nach Art des Hauses" von Josef Christian Aigner DER STANDARD, 21. 4. 2002 Herr Aigner spricht in seinem Beitrag einen ganz wichtigen und bislang wenig thematisierten Bereich der Fachhochschulen an: die Besetzung von den hoch angesehenen Leitungsfunktionen in Fachhochschulstudiengängen. Die Ausschreibungen sind das einzig Öffentliche, alles andere wird hinter verschlossenen Türen verhandelt, Vorschlags-oder gar Mitbestimmungsrechte von Studierenden und Lehrenden oder einer sonstigen Fachöffentlichkeit sind dem System fremd. Selbstverständlich öffnet dies Tür und Tor für alle möglichen Behauptungen und Unterstellungen, beispielsweise, dass schon lange vor einer Ausschreibung bekannt ist, wer das Rennen macht, und dass Qualifikation ohnehin nachrangig sei. Was den oberösterreichischen Fall betrifft, so suggeriert er, dass die vor wenigen Tagen erfolgte Bestellung einer Frau für die Leitungsfunktion des Fachhochschulstudiengang "Soziale Arbeit" maßgeblich durch die "Gattinneneigenschaft" zustande kam. Richtig ist vielmehr, dass die von ihm genannte "Gattin" eines ÖVP-Landtagsabgeordneten - und das ist offensichtlich bei noch so fortschrittlichen Herren Ausschließungs- und Ausgrenzungsgrund genug - seit Jahrzehnten in der Sozialszene aktiv, gelernte Juristin und Sozialarbeiterin ist, seit vielen Jahren in der Akademie für Sozialarbeit lehrend, konzipierend, organisierend und forschend tätig ist und maßgeblich zum Gelingen des neuen Fachhochschulstudiengangs beigetragen hat. Der bislang einzigen in Oberösterreich bestellten Frau für eine Fachhochschulleitungsfunktion der insgesamt 15 Studiengänge werden so die Fähigkeiten a priori abgesprochen, da sie nach Ansicht von Herrn Aigner mit dem falschen Mann verheiratet ist. Es lebe die Männergesellschaft! Ich frage mich, wie Herr Aigner bei den praktizierten und unzweifelhaft zu kritisierenden Bewerbungsverfahren hinter verschlossenen Türen davon ausgehen kann, dass "teilweise höher qualifizierte Bewerber/innen" das Nachsehen haben. Ob er sich damit möglicherweise - in aller Bescheidenheit - selber gemeint hat? Was man in der Linzer Sozialszene nämlich wirklich munkelt, ist, dass die gekränkte Eitelkeit mancher Herren keine Grenzen kennt. (Ass.-Prof. Dr. Christine Stelzer- Orthofer, Institut für Gesell schafts- und Sozialpolitik der Universität Linz und Lektorin am Fachhochschulstudiengang "Soziale Arbeit" ) Meine Fachhochschulkritik im STANDARD vom 20./21.4. hat den Eindruck erweckt, als wäre die neue Leiterin des oberösterreichischen Studiengangs "Sozialarbeit", DSA Dr. Gumpinger, nur aus parteipolitischen Gründen bestellt worden. Das wollte ich nicht. Die großen Verdienste von Frau Dr. Gumpinger um die Sozialarbeiter/innen-Ausbildung in Oberösterreich sind allgemein anerkannt. Diskreditierend - gerade für hochqualifiziertes Personal - sind aber letztlich die Strukturen, die den Verdacht auf parteipolitischen Einfluss nähren - und nur diese waren das Ziel meiner Kritik. (Josef C. Aigner, Uni Innsbruck) (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 26.4.2002)