Wie es auch gehen kann, zeigte die Pressekonferenz der österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) am Mittwoch. Seit der Bestellung der neuen Co-Geschäftsführerin Karin Tausz im September 2023 stehen mit der früheren ÖBB-Infrastruktur-Managerin und der langjährigen FFG-Geschäftsführerin Henrietta Egerth gleich zwei Frauen einer der wichtigsten Fördereinrichtungen des Landes vor. 4,9 Milliarden Euro flossen über die FFG im vergangenen Jahr in wirtschaftsnahe Forschung und Breitbandinfrastruktur, weitere 400 Millionen Euro wickelte die Agentur an EU- und ESA-Mitteln für heimische Projekte in der Weltraumforschung ab. Die über die FFG vergebenen Mittel stammen hauptsächlich aus dem Klima- und dem Wirtschaftsministerium.

FFG Tausz und Egerth
Die FFG-Geschäftsführerinnen Karin Tausz (links) und Henrietta Egerth zogen am Mittwoch Jahresbilanz.
APA/FFG/SUSANNE EINZENBERGER

Mit 773 Millionen Euro, die 2023 als Förderzusagen für wirtschaftsnahe Forschungsprojekte bewilligt wurden, stand ein bisschen weniger Geld als im Jahr davor (800 Millionen Euro) zur Verfügung. Tatsächlich gibt es auch mehr förderwürdige Projektanträge, als die FFG bewilligen konnte. Bei 22 Prozent der Anträge wurden die Qualitätskriterien nämlich erfüllt, es fehlten aber die notwendigen Mittel. 400 Projekte und 250 Millionen Euro mussten im Vorjahr abgelehnt werden. Die Geschäftsführerinnen hoffen daher, dass die Geldmittel in den kommenden Jahren mit der steigenden Zahl der Anträge mitwachsen werden. Denn ungeachtet der hohen Gesamtfördersumme werde der Kuchen für den Einzelnen aufgrund der hohen Nachfrage immer kleiner.

Die leidige "Komfortzone"

Definitiv noch Nachholbedarf gibt es einmal mehr beim Thema Gleichberechtigung. Wie Egerth anmerkte, zähle man bei der industrienahen Forschung zu den Schlusslichtern, was den Frauenanteil betrifft. Hier bleibe viel Potenzial ungenützt, das man nicht zuletzt im Sinne der internationalen Wettbewerbsfähigkeit heben müsse, hielt Egerth fest. Auf STANDARD-Nachfrage fand Co-Geschäftsführerin Tausz noch klarere Worte: "Nicht die Frauen müssen aus der Komfortzone heraus, sondern die Organisationen. Sie müssen Strukturen schaffen, bei denen Frauen zum Leadership ermutigt werden und auch beim Erlernen der dafür notwendigen Führungsskills unterstützt werden." Um die Gehälterdiskrepanz zu eliminieren, sei mehr Transparenz gefragt.

Während die FFG bei der Beurteilung der Anträge mittlerweile auch die Genderfrage berücksichtigt, wurden auch einige konkrete Programme ins Leben gerufen, mit denen Frauen gezielt gefördert werden. Eines davon ist ein Leadership-Programm, das unter dem Titel "Innovatorinnen" läuft. Das knapp ein Jahr dauernde Programm ist für Frauen gedacht, die aus der anwendungsorientierten Forschung und Entwicklung stammen oder auch Unternehmerinnen in diesem Bereich sind. In drei Modulen werden Strategien und Fertigkeiten entwickelt, mit denen die eigenen Visionen und Projekte noch besser umgesetzt werden können.

Für Egerth steht außer Frage, dass ungeachtet aller Maßnahmen, um Gleichberechtigung zu fördern, die Exzellenz von Forschungsprojekten im Vordergrund stehe. Die Benachteiligung von Frauen werde sich in den kommenden Jahren ein Stück weit auch von selbst regeln, denn schon jetzt würden Unternehmen alles daransetzen, qualifiziertes Personal am heimischen, aber auch internationalen Arbeitsmarkt zu ergattern. Übersetzt heißt das: Wirtschaft und Industrie können es sich gerade auch im kompetitiven Forschung- und Entwicklungsbereich einfach nicht mehr leisten, auf topausgebildete Frauen zu verzichten.

Nachhaltigkeit und Digitalisierung

Inhaltlich liegt der Fokus der Förderungen auch in diesem Jahr auf den Themen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Das Fördervolumen von Projekten mit einem klimarelevanten Aspekt stieg 2023 auf 581 Millionen Euro. 75 Prozent der geförderten Projekte wiesen einen Nachhaltigkeitsfaktor auf. Bei der Digitalisierung wiederum, die laut Tausz teilweise Hand in Hand mit innovativem Klimaschutz gehe, müsse man besonders darauf achten, nicht den Anschluss zu verlieren. Denn die Entwicklung neuer Technologien, etwa bei Themen wie künstliche Intelligenz, mache enorme Sprünge, sagte Egerth. Sie verwies auf die Rekordsumme von 103 Millionen Euro, die im Vorjahr in Start-ups, Scale-ups und Spin-offs investiert wurde. Der Fokus dabei lag auf den Bereichen Deeptech, Greentech und Life-Science. (Martin Stepanek, 20.3.2024)