Dass österreichische Wissenschafter und Wissenschafterinnen führend beim Thema Quantenforschung sind, wurde nicht erst durch den Nobelpreis für den Quantenphysiker Anton Zeilinger offensichtlich. Auch in den kommenden Jahren wird die Grundlagenforschung in diesem Bereich gute Fördermöglichkeiten bekommen, wie der Budgetausblick durch Wissenschaftsminister Martin Polaschek (ÖVP) und den Präsidenten des Wissenschaftsfonds FWF, Christof Gattringer, zeigt.

Nobelpreisträger Anton Zeilinger hat wesentlich zum hohen Stellenwert der Quantenphysik in Österreich beigetragen.
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Am Montagvormittag präsentierten Polaschek und Gattringer die Bilanz des FWF für das Jahr 2022 sowie den Ausblick für die Förderperiode 2024 bis 2026. Obwohl die steigenden Kosten für Energie, Personal und Materialien auch in der Wissenschaft Niederschlag finden, sieht der Ausblick für die budgetäre Ausstattung der Grundlagenforschung durchaus positiv aus: Für die Förderperiode der kommenden drei Jahre 2024 bis 2026 stehen dem Fonds insgesamt 1,124 Milliarden Euro zur Verfügung. Zum Vergleich: In der laufenden Dreijahresvereinbarung beläuft sich das Budget des FWF inklusive Inflationsanpassung auf rund 900 Millionen Euro. Daraus ergibt sich eine Budgetsteigerung für den Fonds für die kommenden drei Jahre von über 20 Prozent gegenüber der aktuell laufenden Budgetperiode.

Wissenschaftsminister Martin Polaschek (links) und FWF-Präsident Christof Gattringer bei der Bilanzpressekonferenz des FWF.
Foto: FWF/Luiza Puiu

"Hoher Inflationsdruck"

Diese Mittel wird der größte Fördergeber für Grundlagenforschung in Österreich auch dringend brauchen. Polaschek sprach von einem "positiven Ausblick trotz hohen Inflationsdrucks". "Die Inflation macht uns Sorgen", bestätigte Gattringer. Im laufenden Jahr schlage die Teuerung bereits durch, das werde sich in den kommenden Jahren womöglich noch verstärken. Damit etwa Stellen im Rahmen von FWF-Projekten durch die gestiegenen Personalkosten nicht Gefahr laufen, frühzeitig aus Geldmangel auszulaufen, schieße man mit Unterstützung des Ministeriums 2023 rund 20 Millionen Euro nach. Im kommenden Jahr werde das aber vermutlich nicht ausreichen.

Was die Bilanz für das Jahr 2022 angeht, zeigte sich Gattringer durchwegs zufrieden. Ein Highlight für den FWF war freilich der Physiknobelpreis an Anton Zeilinger. Auch frühere Förderungsentscheidungen des Fonds hätten zum Erfolg beigetragen: "In der wissenschaftlichen Begründung des Nobelkomitees werden zehn Originalarbeiten von Zeilinger genannt. Bei neun dieser Arbeiten wird dem FWF für Projektförderung gedankt", sagte Gattringer.

Leichter Anstieg bei Bewilligungsquote

Polaschek hob als besonders positiv hervor, dass die Bewilligungsquote 2022 gegenüber dem Vorjahr etwas gesteigert werden konnte: 23 Prozent der beim FWF eingereichten Projekte erhielten schließlich auch eine Förderzusage. Im Jahr zuvor lag die Quote bei etwas mehr als 20 Prozent. Ein Wermutstropfen bleibt für Gattringer dabei, dass es immer noch einen gewissen Anteil an Projekten gebe, der in die Kategorie "approved but not funded" fällt: Es handelt sich dabei um Projekte, die zwar durch die internationalen Gutachter und Gutachterinnen als exzellent eingestuft werden, doch dem Fonds fehlt schlicht das Geld, um sie zu fördern. Im Jahr 2022 belief sich die Summe der exzellenten, aber dennoch nicht geförderten Projekte auf insgesamt 82 Millionen Euro. "Österreich lässt hier exzellentes Potenzial liegen", sagte Gattringer.

2022 wurden insgesamt 273 Millionen Euro an Förderung an 743 Forschungsprojekte ausgeschüttet. Das ist ein neuer Höchststand, sowohl bei der Fördersumme angeht wie auch bei der Anzahl der Projekte. Insgesamt finanziert der FWF aktuell die Stellen von 4.842 Wissenschafterinnen und Wissenschaftern in laufenden Projekten an österreichischen Forschungsinstitutionen. 70 Prozent von ihnen sind jünger als 35 Jahre. Der Frauenanteil liegt bei 47 Prozent.

Viel Geld für Quanten

Der größte Anteil der Förderungen ging mit 115 Millionen Euro an Projekte im Bereich der Naturwissenschaften. Mit einer ähnlich hohen Gesamtsumme (110 Millionen Euro) wurden Projekte in Biologie und Medizin bedacht. 58 Millionen Euro sind in die Geisteswissenschaften geflossen, wobei der Material- und Infrastrukturbedarf in diesem Feld deutlich geringer ist als in den Naturwissenschaften oder in der Medizin.

Polaschek betonte insbesondere die Bedeutung der Quantenforschung. Im Rahmen von Quantum Austria, einer Initiative des Wissenschaftsministeriums von Forschungsförderungsgesellschaft FFG und Wissenschaftsfonds FWF, seien bislang 78,4 Millionen Euro an Förderung bewilligt worden. Künftig soll noch stärker auch in die angewandte Quantenforschung investiert werden. "Es geht um eine aktive Quantenforschung", sagte Polaschek, der auch die Verdienste von Anton Zeilinger hervorhob. "Hier wird weiterhin viel Geld in die Quantenforschung fließen."

Nächste Schritte der Exzellenzinitiative

Der Bereich Quantenforschung ist auch bei der neuen Exzellenzinitiative stark vertreten: Einer der fünf geförderten Exzellenzcluster behandelt grundlegende Fragen der Quantenphysik. Weiters sieht die Exzellenzinitiative das Emerging-Fields-Programm vor, durch das Forschungsfelder mit hohem Zukunftspotenzial gefördert werden sollen. "Wir brauchen noch mehr unkonventionelle Forschung, um auch abseits der etablierten Forscherfelder neue Bereiche zu erschließen", sagte Polaschek. Der erste Call für die Emerging Fields lief bis zum 1. Februar, aktuell werden die 45 eingegangenen Anträge in einem mehrstufigen Verfahren geprüft. Besonders an diesem Programm ist, dass zunächst eine Jury die Innovationskraft und Risikofreudigkeit der Anträge prüft, erst danach geht es in die internationale Begutachtung. Die Förderzusagen werden im März 2024 erfolgen.

Die dritte Säule der Exzellenzinitiative nennt sich FWF Distinguished Professor. Auch dazu wurden nun genauere Details bekanntgegeben: Mit diesen "Leuchtturmprofessuren" will der Fonds ermöglichen, internationale Spitzenforscherinnen und Spitzenforscher an österreichische Universitäten zu berufen. "Wir wollen vielversprechende Forschungsfelder durch Berufung von weltweit führenden Forschenden ausbauen", sagte Gattringer. Die ersten Einreichungen dafür werden ab Herbst 2023 möglich sein. Der FWF hat sich für dieses Programm einen Frauenanteil von 50 Prozent vorgenommen.

Vertrauen in Wissenschaft stärken

Der weitverbreiteten Wissenschaftsskepsis in Österreich – DER STANDARD berichtete ausführlich – will der Wissenschaftsfonds mit einem eigenen Wissenschaftskommunikationsprogramm entgegentreten: Forschende, die in innovativen Projekten den Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft stärken wollen, können bis zum 30. Juni Anträge mit einem Fördervolumen von bis zu 100.000 Euro pro Projekt einreichen. "Wir müssen uns noch mehr bemühen, das Vertrauen in die Wissenschaft zu stärken", betonte Polaschek. Das Ministerium hat daher auch eine Ursachenstudie zum mangelnden Vertrauen in die Wissenschaft in Auftrag gegeben, deren Ergebnisse im Sommer erwartet werden. Seit Anfang März touren sogenannte Wissenschaftsbotschafter durch österreichische Schulen, um junge Menschen für Wissenschaft zu begeistern.

Die Bilanzpressekonferenz war der erste Termin in den neuen Räumen des FWF in der einst von Otto Wagner erbauten Wiener Postsparkasse. Der Fonds hat die renovierten Räume im März bezogen – der große Veranstaltungssaal wurde nach der österreichischen Physikerin Lise Meitner (1878–1968) benannt. (Tanja Traxler, 25.4.2023)