Mitte April ließ Tesla-Chef Elon Musk mit einer Hiobsbotschaft aufhorchen: Der kalifornische Autobauer müsse mehr als jeden zehnten Arbeitsplatz streichen. 14.000 der weltweit gut 140.000 Mitarbeiter müssten gehen. "Das wird uns schlank, innovativ und hungrig für die nächste Wachstumsphase machen", argumentierte Musk in einer internen Mitteilung. Er hasse den Schritt, aber er sei nötig, stimmte er die Belegschaft auf eine härtere Gangart ein.

Im deutschen Grüneheide schrillten die Alarmglocken. Dort sollen laut Handelsblatt rund 3000 der insgesamt 12.500 Beschäftigten ihren Job verlieren. Erste Betroffene sollen bereits informiert, andere schon gekündigt worden sein, heißt es in deutschen Medienberichten. Am Dienstag wurde die Zahl korrigiert. 400 Stellen sollen mittels "Freiwilligenprogramm" gestrichen werden, teilte Tesla mit. Viele Investoren gehen da nicht mehr mit – die Titel des E-Auto-Bauers notieren auf dem niedrigsten Stand seit Jänner 2023. Was ist da los?

Tesla-Chef Elon Musk bei der Eröffnung der deutschen Gigafabrik in Grüneheide.
Auch am deutschen Standort in Grüneheide wird ein Teil der Beschäftigten gehen müssen.
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Es ist eine Mischung aus Schwäche in der Branche und wachsender Konkurrenz, die zu diesem drastischen Schritt führt. Wer die Nachrichten verfolgt, konnte zuletzt eine veritable Preisspirale wahrnehmen. Tesla hatte jüngst erneut seine Preise gesenkt – zunächst in den USA, dann auch in China und in Europa. Rund 2000 Euro verlangt der Autobauer nun weniger je Modell. In China betrug der Rückgang etwa 2000 Dollar (1877,41 Euro) – in ähnlicher Höhe wurden die Preise in den USA gekappt. Auch die Fahrerassistenzsoftware in den USA gibt es nun billiger.

Es ist ein logischer Schritt: Schwächelt die Nachfrage, sinken die Preise. Das ist nicht nur auf Tesla beschränkt. Auch Chinas Autobauer setzen auf Rabatte. Eines hat sich aber geändert: Setzte der US-Autobauer Tesla noch vor gut einem Jahr die Konkurrenz mit Preissenkungen unter Druck, zählt Tesla derzeit zu den Gejagten.

Schwächelnder Markt

Mit ein Grund: Der Markt für Elektroautos schwächelt weltweit. So richtig rund läuft es derzeit ganz grundsätzlich bei E-Autos nicht, ganz besonders aber in den USA. In Europa verunsichert die unklare Entwicklung in Sachen Preise die Verbraucher, die meisten Modelle sind noch um einiges teurer als die entsprechenden Verbrenner, die Kauflust bei Autos ist in Zeiten hoher Preise ohnehin gebremst. Auch bei Vermietern und Leasinggesellschaften ist bei Elektroautos Vorsicht eingekehrt. So mancher Autobauer verschiebt seine Ziele in Sachen E-Mobilität nach hinten. Der Markt wächst – aber langsamer als erwartet. Heuer sollen laut der Internationalen Energieagentur (IEA) weltweit dennoch 17 Millionen E-Autos verkauft werden, das wären um 20 Prozent mehr als 2023.

Tesla ist mit einem deutlichen Absatzrückgang in das Jahr gestartet. Es war das erste Mal seit fast vier Jahren, dass das Unternehmen weniger Fahrzeuge verkauft hat als vor Jahresfrist. Das hat zur Folge, dass Tesla auf so manchen seiner Modelle länger als üblich sitzen bleibt. Insgesamt hat Tesla weltweit vom 1. Jänner 2022 bis 31. März 2024 laut einer Analyse des deutschen Autoprofessors Ferdinand Dudenhöffer 3,485 Millionen Fahrzeuge der Modellreihen 3 und Y gebaut. Ausgeliefert wurden nach den Daten des Unternehmens in diesem Zeitraum 3,356 Millionen Fahrzeuge. Überproduktion, so analysiert Dudenhöffer, sei bei wachsenden Unternehmen auch gang und gäbe. Solange man wächst – kein Problem.

Ein BYD wird auf einer Automesse in Paris enthüllt. 
Die Hersteller aus China sind Tesla dicht auf den Fersen.
AP/Michel Euler

Nur kommt derzeit zur schwachen Nachfrage steigender Druck durch die Konkurrenz hinzu. Auch die etablierten Hersteller wie VW kommen mit neuen Modellen auf den Markt. Aber vor allem sind auch die Hersteller aus China Tesla dicht auf den Fersen. Tesla sei lange Synonym für Elektromobilität gewesen, anfangs hätten nur wenige mit der Qualität oder der Funktionalität von Tesla mithalten können, konstatiert James T. Tierney, Investmentexperte bei Alliance Bernstein, in einem Branchenkommentar. Nun habe sich der Markt verändert. Tesla gelte schon längst nicht mehr als Einhorn der E-Autobranche. In den USA ist Teslas Marktanteil bei neu verkauften E-Autos laut Cox Automotive im ersten Quartal von 61,7 Prozent im Vorjahr auf 51,3 Prozent gefallen. Auch in China, wo E-Mobilität von der Regierung schon lange gepusht und finanziell stark gefördert wird, sank der Marktanteil merklich.

Neue Champions aus China

Ferdinand Dudenhöffer sieht gar in chinesischen Anbietern wie Geely oder BYD die neuen Champions am Autohimmel. So verzeichne etwa BYD in den vergangenen drei Jahren bei den weltweiten Verkäufen ein Wachstum von 309 Prozent. Zum Vergleich: Tesla brachte es bei dieser Kennzahl auf 93 Prozent. China sei der Nährboden für die neuen Autobauer, die mit der Elektromobilität eine zentrale Rolle in der Autoindustrie spielen würden, und biete mit dem riesigen und dynamisch wachsenden Markt die Basis für die neuen Champions im Autogeschäft. Fast jedes zweite neu verkaufte Auto fährt in China heuer elektrisch. Zum Vergleich: In Europa soll es jedes vierte verkaufte Auto sein. Im chinesischen E-Auto-Eldorado könnten sich Autobauer wie BYD prachtvoll entwickeln, prognostiziert Dudenhöffer. Er glaubt, BYD werde in rund zehn Jahren den größten Autobauer der Welt, Toyota, ablösen. Mitspielen dürfte bei dem Siegeszug auch, dass BYD in China unter den Kaisern beim Absahnen der staatlichen Subventionen ist.

Auf der jüngsten Rangliste der innovationsstärksten E-Auto-Hersteller des deutschen Center of Automotive Management (CAM) bleibt Tesla der innovationsstärkste Elektroautokonzern – vor VW. BYD rangiert auf Platz vier. Wobei BYD neben VW und Geely als "Fast Follower" – also dicht auf den Fersen – klassifiziert wird. Chinesische Automobilhersteller erhöhten im aktuellen Ranking ihre Innovationsstärke im Bereich Elektromobilität mit weitem Abstand am stärksten, resümiert der deutsche Experte Stefan Bratzel. In den Top sechs der innovativsten Elektroautokonzerne befinden sich mit Geely, BYD und SAIC drei Unternehmen aus China. Noch ist offen, wer das Rennen um die Vorherrschaft macht. Aber sicher ist: Auf der Überholspur wird es zunehmend eng. (Regina Bruckner, 23.4.2024)