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Die Fronten zwischen Grün und Schwarz zum Thema EU verhärten sich.

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Wien - Mehr hat es nicht gebraucht. Seit Grünen-Chefin Eva Glawischnig im Standard-Interview die ÖVP als "maßgebliche Anti-Europa-Partei" bezeichnet hat, die "nur Lobbys" in Brüssel "verpflichtet" sei, herrscht bei den Schwarzen helle Empörung (siehe Interview: "Der Vertrag von Lissabon ist tot").

Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel, nun Sprecher für Außen- wie Europapolitik, kommt im Standard-Gespräch in Fahrt. "Das ist völlig retro", sagt er. "Damit landen die Grünen wieder da, wo sie vor 14 Jahren gestanden sind, als sie gegen den EU-Beitritt waren." Dank Glawischnig-Vorgänger Alexander Van der Bellen und dem EU-Abgeordneten Johannes Voggenhuber hätte sich die Partei danach "sehr positiv verändert". Aber was die Neo-Chefin nun der ÖVP nachsage, sei ein "klassischer Projektionsvorwurf". Denn: "Das Ganze ist eine massive Kurswendung Glawischnigs - und damit sie nicht so auffällt, beschimpft sie alle anderen als Anti-Europa-Parteien."

"Jetzt lichtet sich das Feld"

Konkret stößt sich Schüssel auch daran, dass Glawischnig, die EU derzeit als "nicht mehr aufnahmefähig" qualifiziert. "Das bedeutet ein Nein zu jeder Erweiterung, also für Kroatien, Serbien, Bosnien - ein bedenklicher Totalschwenk." Auch dass der deutsche Attac-Mitbegründer Sven Giegold bei der grünen Bundestagung am Sonntag eine Rede halten soll, missfällt dem Ex-Kanzler. "Attac ist eine der Hauptkampagnenorganisationen gegen den Vertrag von Lissabon." Schüssels düstere Prognose: "Jetzt lichtet sich das Feld. Wenn immer mehr auf Europa-Skepsis setzen, wird das Österreichs Position in der EU schwächen. Man kann sich nicht einbringen, wenn man als Keppler am Spielfeldrand steht."

Ähnlich der ÖVP-Delegationsleiter in Brüssel, Othmar Karas. "Das ganze Interview zeigt die Unkenntnis der Frau Glawischnig", meint er. Die Grüne habe den Vertrag von Lissabon ausgerechnet in jenem Moment als "tot" erklärt, in dem ganz Brüssel, beim EU-Gipfel, in dieser Frage "aufeinander zugegangen" sei. Ein halbes Jahr nach dem Nein Dublins hatten die Staatsspitzen am Donnerstag durchblicken lassen, den EU-Kontrakt mit einem zweiten Plebiszit in Irland retten zu wollen.

"FPÖ als Partner"

Und Karas erhebt schwerwiegende Vorwürfe: "Selbst Krone-Leserbriefschreiber Werner Faymann benimmt sich in Brüssel konstruktiver als Glawischnig." Der SPÖ-Chef hatte den roten EU-Schwenk - Volksabstimmungen über EU-Verträge - im Kleinformat verkündet, was zum Bruch mit der ÖVP führte. "Anscheinend will Glawischnig in der EU-Politik FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache als Partner haben." Für Karas sind die Grünen damit zu einem "EU-Wackelkandidaten" geworden.

Auch ÖVP-Jugendsprecherin Silvia Fuhrmann schießt sich auf die Ökos ein. "Das ist ein Rundumschlag, mit dem versucht wird, über innerparteiliche Dispute hinwegzutäuschen." Der Vorhalt, die ÖVP sei "antieuropäisch" wurmt auch sie: "Es gibt keine Partei, die so proeuropäisch ist wie wir." (Peter Mayr und Nina Weißensteiner, DER STANDARD, Printausgabe, 13./14.12.2008)