Berlin/Brüssel - Nach dem Geheimtreffen der großen Euro-Länder läuft die Debatte über ein zweites Hilfspaket für Griechenland auf Hochtouren. Ein Austritt Griechenlands aus der Währungsunion als Lösung der Schuldenkrise wird von allen Seiten kategorisch ausgeschlossen. Nach Medienberichten sind aber längere Laufzeiten und niedrigere Zinsen für das 110 Milliarden schwere erste Rettungspaket sowie eine Umschuldung im Gespräch. 

Großbritanniens Finanzminister George Osborne sagte am Sonntag der BBC, Griechenland brauche womöglich weitere Finanzhilfen der Euro-Länder. Das Nicht-Euro-Land Großbritannien werde sich aber "sicher nicht" an einem "zweiten Rettungspaket" beteiligen. In Griechenland sprechen sich laut einer Umfrage 46 Prozent der Bürger für Nachverhandlungen beim ersten Paket aus.

Die Finanzmärkte reagierten nervös auf die neuen Spekulationen: am Aktienmarkt nahmen die Kursausschläge zu, der Euro geriet unter Druck, die Zinsen auf griechische Anleihen stiegen weiter.

Kreditlaufzeit könnte verdoppelt werden

Trotz des drei Jahre lang laufenden Kreditpakets von EU, Euro-Ländern und Internationalem Währungsfonds sowie seinem Spar- und Reformprogramm konnte Griechenland die Glaubwürdigkeit an den Märkten bisher nicht wiedergewinnen. Wie die "Welt" aus Verhandlungskreisen berichtete, forderte Griechenland niedrigere Zinsen, zusätzliche Kredite und mehr Zeit beim Abbau des rund zehn Prozent hohen Haushaltsdefizits. Finanzminister Giorgos Papakonstantinou hatte öffentlich angeregt, der Rettungsfonds EFSF könne 2012 die geplanten Anleiheemissionen von 25 Milliarden Euro aufkaufen.

Im Gespräch sei, die kürzlich schon auf siebeneinhalb Jahre verlängerte Kreditlaufzeit auf 15 Jahre zu verdoppeln, hieß es im "Handelsblatt" unter Berufung auf das Umfeld von EU-Kommissar Olli Rehn. Das deutsche Finanzministerium habe das Szenario einer "sanften" Umschuldung entwickelt, bei dem die Anleihegläubiger auf Zinszahlungen verzichten und die Laufzeit ihrer Forderungen strecken, berichtete die Zeitung unter Verweis auf deutsche Regierungskreise. Ein Sprecher von Finanzminister Wolfgang Schäuble dementierte das: "Das Thema Umschuldung steht nicht im Raum, wird nicht diskutiert, ist spekulativ." Auch gebe es keine Diskussion über längere Laufzeiten oder niedrigere Zinsen beim Rettungspaket für Griechenland.

Bedingungen

Die Zinsen auf die Hilfskredite für Griechenland waren zuletzt erst um einen Basispunkt auf rund vier Prozent gesenkt worden. Michael Meister, Vize-Fraktionschef der CDU im deutschen Bundestag, sagte im "Deutschlandfunk", Voraussetzung für noch niedrigere Zinsen sei, dass Griechenland seine Reformen vorantreibe und damit das Risiko eines Zahlungsausfalls senke. Auch in Finnland, wo der Widerstand gegen weitere Euro-Rettungsaktionen groß ist, wurden Bedingungen genannt. Ein führender Abgeordneter der Sozialdemokraten, die über eine Regierungsbeteiligung verhandeln, sagte, günstigere Konditionen für Griechenland seien nur möglich, wenn das Land seine Schulden umstrukturiert und die privaten Gläubiger Verluste übernehmen. Es müsse einen Schuldenschnitt geben, sagte Erkki Tuomioja.

Niedrigere Zinsen für Hilfskredite wünscht sich auch Irland schon lange. Doch das Land hatte bisher keine neuen Reformen als Gegenleistung angeboten. In EU-Kreisen hieß es, die Regierung wolle zusätzliche Einsparungen zusagen. Der irische Ministerpräsident Enda Kenny sagte, er sei zuversichtlich, dass die Zinsen von knapp sechs Prozent gesenkt würden. Auch die EU-Kommission hoffe auf eine Entscheidung darüber in den kommenden Wochen, sagte ein Sprecher von Rehn. Offiziell beraten die Euro-Finanzminister über die Schuldenkrise das nächste Mal am 16. Mai.

Euro angeschlagen

Das ungelöste Schuldenproblem Griechenlands hat dem Euro zu Wochenbeginn indes weiter zu schaffen gemacht. Die Gemeinschaftswährung notierte um 1,4415 Dollar.

Ein Bericht von "Spiegel Online", wonach ein möglicher Austritt Griechenlands aus dem Währungsraum von den europäischen Finanzministern diskutiert wurde, hatte den Euro am Freitag sogar bis auf 1,4308 Dollar abrutschen lassen. Offizielle Dementis zu diesem Bericht fanden am Markt kaum Gehör. Seit EZB-Chef Jean-Claude Trichet am Donnerstag Zinserhöhungsfantasien gestutzt hatte, hat der Euro rund fünf US-Cent an Wert verloren. (Reuters/red)