Wien - Klar, Karlheinz Essl darf sich natürlich einen Rettungsschirm von der Republik wünschen. Die Frage ist, ob die Republik diese Zumutung auch erfüllen muss. 7000 Werke, österreichisches Kulturgut, Erhaltung österreichischer (ja, auch: Behinderten-)Arbeitsplätze: In der Debatte um Bau-Kunst-Marktkrise werden viele Dinge wild durcheinandergemischt. Fakt ist: Karlheinz Essl will zur Abdeckung seines Baumax-Expansionsdebakels in Osteuropa von der Republik bis zu 225 Millionen Euro für seine Sammlung.

Die Republik soll im Übrigen auch Miete und Betriebskosten fürs Museum in Klosterneuburg berappen, das Gebäude soll in Essls Besitz, er selber Sammlungsleiter bleiben.

Zweifellos haben Karlheinz und Agnes Essl große Verdienste um die Kunst, sie haben viele spannende, auch kontroversielle Ausstellungen gemacht, viel Herzblut und Geld investiert. Auch noch, als sich in den letzten sechs Jahren die Krise bereits deutlich abzeichnete. Für ihr Engagement wurden sie vielfach gewürdigt. Aber ihre Sammlung hat auch große Lücken und schwarze Löcher. Eine erkleckliche Zahl seriöser Galeristen hat das Ehepaar Essl nie besucht, weil deren Programm nicht dem Geschmack der beiden entsprach.

Ja genau, ein Privatsammler darf das: subjektiv sein, dem eigenen Gusto und Credo entsprechend einkaufen. Das ist für Besucher interessant. Für eine bundesmuseale Sammlung reicht es nicht. Abgesehen davon, dass Essl mitunter eher nach Promi-Namen als nach Schlüsselwerken gesammelt und Masse statt Klasse gekauft hat, weil beim Großeinkauf die Preise vor allem jüngerer Künstler flotter purzelten. Ein Bausch-und-Bogen-Ankauf durch den Staat würde die österreichischen Bundesmuseen auf Jahre, wenn nicht Jahrzehnte lähmen. Schon jetzt flehen deren Chefs um höhere Basisabgeltungen, um museale Kernaufgaben - Bewahren, Präsentieren, Forschen und Sammeln - erfüllen zu können.

Hätten sie nur einen Bruchteil jenes Betrages zur Verfügung, den der Staat zur Baumax-Kunstsammlungsrettung ausgeben soll: Es existierten in den Sammlungen kaum nennenswerte Lücken. Diese mit ausgewählten Arbeiten aus Essl-Beständen zu füllen, wäre eine maßvolle Hilfestellung. Ob die Museen allerdings fünfzig Werke von Georg Baselitz und fünfzehn von Anselm Kiefer im Depot brauchen, ist fraglich. Die Essls könnten auch Großsammlerkollegen - Herbert Liaunig, Heinz Angerlehner, Eduard Pomeranz. Martin Lenikus - zum Kunstshopping einladen.

Und schließlich: Warum bietet Essl die Kunst und das Museum den Banken nicht als Sicherstellung für Kredite an? Fast alle Geldinstitute haben eigene hochkarätige Sammlungen, keines wäre so ungeschickt und würde den Markt mit Panikverkäufen ruinieren. (Andrea Schurian, DER STANDARD, 26.3.2014)