1. Der schlechteste Mai, der zweitschlechteste ORF-Quotenmonat aller Zeiten

Ein paar Tage hat der ORF noch, um seine Monatsquoten zu verbessern. ORF 1 und ORF 2 halten – vorerst – beim schlechtesten Mai-Wert aller Zeiten. Und beim zweitschlechtesten Monatswert der ORF-Geschichte – nach den gerade erst eingefahrenen 28,3 Prozent im April 2018, dem bisherigen Tiefpunkt.

28,5 Prozent Monatsmarktanteil hatten ORF 1 und ORF 2 bis zum Wochenende. Und das mit dem Finale der Champions League mit im Schnitt 737.000 Zuschauern und immerhin 31 Prozent Marktanteil in ORF 1 in der zweiten Halbzeit der Niederlage von Liverpool gegen Real Madrid am Samstag.

Ab kommender Saison könnte das Finale der Champions League doch etwas schwerer zu bekommen seinSky und Dazn haben sich die Exkusivrechte im deutschsprachigen Raum gesichert.

Und auch wenn der Song Contest, kurz ESC, seit eh und je im Mai über die Bühne geht – es war diesmal doch ein vergleichsweise herausragendes Wettsingen mit Cesár Sampson als Sieger der Jurywertung. Wenn nur das Publikum nicht wäre – beim Grand Prix d'Eurovision und vielleicht auch bei den Monatsmarktanteilen.

ATV kommt vorerst im Mai auf 2,8 Prozent (nach 2,4 im Mai 2017), Puls 4 auf 3,4 (2,9), Servus TV auf 2,5 (2,2).


2. Was halten Sie vom ORF?

Ab Montag fragt der ORF sein Publikum über die Quoten hinaus, was es von ihm hält. Erprobt in der Ö3-Umfragewoche, kurz vor der Schweizer Abstimmung über die Abschaffung der Rundfunkgebühren. Und wohl nicht zufällig zehn Tage vor der Regierungsenquete über die Zukunft der österreichischen Medien und vor allem des ORF.

Der ORF schickt für seine "ORF für Sie"-Kampagne unter anderem einen putzigen historischen VW-Bus, auch Bulli genannt, mit dem megalomanen mobilen Studio von "Guten Morgen Österreich" und (noch) "Daheim in Österreich" durch die Lande. Wenn ich mich richtig erinnere, war der T1 nicht nur legendär und großer Sympathieträger etwa der Camping-Gemeinde, sondern auch ein höchst unsicheres Gefährt.

Zurück in die ORF-Zukunft: Der VW-Bulli ist ein legendäres, aber überaus unsicheres Gefährt. Österreichs öffentlich-rechtlicher Rundfunk schickt ihn vor der Enquete der Bundesregierung auf Österreich-Tour zur Publikumsbefragung: "Was wünschen Sie sich vom ORF?"
Foto: ORF/Thomas Ramstorfer


3. Wer zum öffentlich-rechtlichen Wert spricht

Nur noch zehn Tage bis zur großen Regierungs-Enquete über Österreichs Medienzukunft im Allgemeinen und jene des ORF im ganz Besonderen. Ob "Profil"-Herausgeber Christian Rainer dabei sein wird, vermag ich noch nicht abzusehen, und das Kanzleramt hat zumindest bist Sonntag noch keine weiteren Podiumsteilnehmer online gestellt (PDF-Link) – abgesehen von den prominenten Keynote-Speakern.

Aber ein paar Namen für die Diskussion über Public Value (und ORF) kann ich – ohne Gewähr und Bestätigung – schon liefern: "Falter"-Herausgeber Armin Thurnher soll darüber diskutieren, "Presse"-Herausgeber Rainer Nowak, ORF-General Alexander Wrabetz – nicht ganz überraschend, aber auch irgendwie beruhigend – ebenfalls, zudem die stellvertretende SRG-Generaldirektorin Ladina Heimgartner – die maßgeblich an der Verteidigung der Gebühren für den Schweizer Rundfunk beteiligt war. Die Verteidigung der GIS-Gebühr in Österreich ist längst angerollt.

Nowak auf dem Podium muss noch kein Indiz für die Rubrik ORF-Personalia sein. Das Programm umschreibt das Thema so: "Public Value als gesellschaftliche Leistung (nicht nur des ORF). Wie kommt der ORF zu einem zeitgemäßen und zukunftsorientierten Selbstverständnis? Wie lässt sich Public Value definieren und abgrenzen?" Oder doch – das Panel-Thema lautet ja denn doch: "Public Value und das Selbstverständnis des ORF."


4. Bücher-Battle Breitenecker vs. Wrabetz

Nur noch sieben Tage, dann präsentieren Markus Breitenecker und Corinna Milborn vom Privatsenderkonzern ProSiebenSat1 ihre Ideen, wie ein neuer öffentlich-rechtlicher Auftrag und die Gebühren die österreichische und europäische Medienwelt gegen die Onlinegiganten Google, Facebook, Amazon und Co verteidigen könnten, mit durchaus überraschenden Aufgaben für ORF und Co und Einsatzgebieten für die GIS-Gebühren. Markus Breitenecker wird übrigens auch auf dem Public-Value-Podium der Medienenquete mitdiskutieren.

"Change the Game – Wie wir uns das Netz von Facebook und Google zurückerobern" von Breitenecker und Milborn wird in einer Woche, am 4. Juni und praktisch direkt vor der Medienenquete präsentiert (Verlag Brandstätter).

Auf Breiteneckers Ideen will ORF-General Alexander Wrabetz naturgemäß nicht warten – da muss ein eigenes Buch her, und hat der ORF nicht seit Jahren eine eigene Stabsstelle für Public Value? Schon heute, Montag, bietet diese Stabsstelle gleich "55 Beiträge aus österreichischer und internationaler Wissenschaft zur Medienzukunft" auf. Ein bisschen weniger juicy betitelt als Breitenecker/Milborn, aber umso öffentlich-rechtlicher mit: "Public Open Space – Zur Zukunft öffentlich-rechtlicher Medien" (Verlag Facultas).


5. Armin Wolf nach Moskau, Wolfgang Wagner zum "Report"

Wo wir schon beim ORF und der Politik sind, also insbesondere der Regierung von ÖVP und FPÖ: Wolfgang Wagners Bewerbung für die "Report"-Leitung kam zwar im Februar auch für die Redaktion der "ZiB 2" ziemlich überraschend. Aber damals wie heute sind viele involvierte Menschen im ORF sehr bemüht zu betonen, dass der Wechsel Wagners Wunsch war. Liegt vielleicht auch an der Sorge um die "ZiB 2" (Unter diesem Link finden Sie noch ein paar weitere ORF-Personalien, mit denen diese Woche zu rechnen ist).

Noch diese Woche schickt der ORF Armin Wolf nach Moskau – um Präsident Wladimir Putin vor seinem Österreich-Besuch Anfang Juni zu interviewen. Putins Wien-Besuch hat eher nichts mit der Medienenquete der Bundesregierung zu tun – aber Wolf kann vielleicht beim Interview mit dem russischen Experten für machtpolitische Medienstrategien noch lernen, wie man botmäßig schaut und fragt.


6. Neue Chefs für die "Wiener Zeitung"

Wo wir schon bei Staatsmedien sind: Noch 33 Tage läuft der Vertrag von Wolfgang Riedler, als Geschäftsführer der republikseigenen "Wiener Zeitung". Bisher ist der Job, wenn die Suche auf https://www.wienerzeitung.at/amtsblatt/suche/ funktioniert, nicht ausgeschrieben. Und das könnte man doch erwarten beim Geschäftsführer einer Zeitung, die das dafür vorgesehene "Amtsblatt" betreibt.

Wobei: Kanzler Werner Faymann (SPÖ), der mit Riedler 2013 den langjährigen bürgerlichen Manager Karl Schiessl abgelöst hat, schrieb auch nicht alle Funktionen beim Republiksorgan aus. Reinhard Göweil zum Beispiel wurde 2009 ohne Ausschreibung Chefredakteur der "Wiener Zeitung"bis zum Herbst 2017.

Am Wochenende schrieb Isabelle Daniel in "Österreich", die stellvertretende Chefredakteurin des "Kurier" solle die "Wiener Zeitung" künftig führen. Mir kam die Überlegung sehr bekannt vor, ich habe aber auf die Schnelle nicht gefunden, wo ich von Martina Salomon als Chefredakteurin der "Wiener Zeitung" schon vor einer Weile gelesen haben könnte.

Was sagt Salomon dazu der anfragenden Etat-Wochenschau? "Das Gerücht geistert seit Monaten herum, ist nur ein eingefrorener Posthornton." Das sagt ja noch nichts aus über die Realitätsnähe des Gerüchts. Nach zwei Nachfragen verrät Salomon zwar nicht, ob sie der Job interessieren würden, aber immerhin das: "Ich wurde nicht gefragt."


7. Zwei Jahrzehnte "Profil"-Herausgeber

Seit zwei Jahrzehnten schon ist Christian Rainer Herausgeber des "Profil". Stimmt so nicht , wurde aber schon gefeiert. Wir wollen nicht hoffen, dass das Vorfeiern von Herausgeber-Jubiläen Unglück bringt (wie man es anderen Feier-Tagen nachsagt).

Noch 28 Tage, dann sind die 20 Jahre Rainers an der Spitze des Nachrichtenmagazins komplett – am 25. Juni 1998 erklärten ihn die Eigentümer der "Kurier"-Gruppe zum Herausgeber. Drei Jahre später war "Profil" schon Teil der Verlagsgruppe News. Die Profil-RedaktionsgmbH, die Titelrechte sowie das Recht, den Herausgeber zu ernennen, gehören weiter der "Kurier"-Gruppe.

Die Konstruktion würde noch origineller, wenn News-Mehrheitseigentümer Horst Pirker die im Jänner gezogene Option auf die 25,3 Prozent Kurier-Anteile an der Verlagsgruppe News durch alle Instanzen bekommt und die Kurier-Gruppe ihre Anteile am marktbeherrschenden Magazinkonzern aufgeben muss. Die Option ist wie berichtet gezogen, die Kurier-Gruppe bekämpft das vor dem Obersten Gerichtshof.

Pirker will die Kurier-Gruppe, soweit ich das überblicke, gar nicht unbedingt hinausbefördern – aber sie soll, wie Bertelsmann-Tochter Gruner+Jahr beim Ausstieg 2016, nach stets komplett entnommenen Gewinnen ein paar Millionen Euro für "Altlasten" in die Magazingruppe einzahlen, kolportiert: von fünf Millionen aufwärts.

Publikumsfrage der Woche: Ist auf einem Panel der Medienenquete mit Christian Rainer zu rechnen?


8. Kommen Sie gut in die neue Woche!
(Harald Fidler, 28.5.2017)