Johann Gudenus glaubt in der "Glaubensfrage" Klimawandel nicht an den wissenschaftlichen Konsens.

Foto: Regine Hendrich

Johann Gudenus hält es noch immer für richtig, dass man eine anonym zugespielte Liste mit türkischen Namen den Passbehörden übergab.

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Wer Zweifel daran hat, dass die Männer in der FPÖ das Sagen haben, verliert sie beim Betreten der Klubräumlichkeiten: keine einzige Frau im Büro. "Ist mir noch nie aufgefallen", sagt einer von ihnen. Aber gut: Auch DER STANDARD hat zwei Männer zum Interview geschickt.

STANDARD: "Das Recht hat der Politik zu folgen und nicht die Politik dem Recht", sagt Innenminister Herbert Kickl. Auch als Jurist gefragt: Teilen Sie diese Einschätzung?

Gudenus: Recht wird im Parlament erzeugt. Das ist die Legislative. Insofern stimmt das auch. Umgekehrt folgt aber auch die Politik den Gesetzen, denn ein einfaches Gesetz muss der Verfassung entsprechen. Und es gibt natürlich Rechtsgrundsätze, an denen nicht zu rütteln ist.

STANDARD: Der Satz kann auch wie eine Drohung verstanden werden.

Gudenus: Wenn das manche als Drohung verstehen, dann ist das ein Selbsteingeständnis von schlechtem Gewissen.

STANDARD: Sie sagen selbst, dass es rechtliche Grundsätze gibt, an denen nicht gerüttelt werden darf. Welche sind das?

Gudenus: Zum Beispiel die Grund- und Freiheitsrechte und die Menschenrechtskonvention, wenn man sie richtig interpretiert. Auch die Menschenrechtskonvention wurde von Menschen gemacht und ist nicht gottgegeben.

STANDARD: Das sieht Ihr Parteikollege Kickl auch so. Bundespräsident Alexander Van der Bellen warnt allerdings und sagt: Das "wäre eine Aufkündigung des Grundkonsenses der Zweiten Republik".

Gudenus: Ich sehe das wie Herbert Kickl. Grundkonsens muss sein, dass straffällige Asylwerber und Asylberechtigte nicht bei uns im Land bleiben dürfen. Wenn manche Juristen oder Van der Bellen die Menschenrechtskonvention so interpretieren, dass Abschiebungen von kriminellen Migranten verunmöglicht werden, dann frage ich mich, warum man sich schützend vor solche Personen stellt.

STANDARD: Gehört die Menschenrechtskonvention geändert?

Gudenus: Nein, wenn man sie richtig auslegt. Im Rahmen der Menschenrechtskonvention ist viel mehr möglich. Wir sind gerade dabei, diese rechtlichen Möglichkeiten auszuloten. Herbert Kickl hat vollkommen recht, es kann nicht sein, dass das Menschenrecht vorgeschoben wird, wenn es darum geht, Täter zu schützen. Jetzt haben wird diese fünf Frauenmorde. Das ist ja schrecklich genug. Wir wussten aber schon vorher, was passiert, wenn man die Grenzen öffnet. Aufgrund der ungezügelten Massenzuwanderung kommt es zu einer Steigerung von derartigen Verbrechen. Es sind Leute aus Kulturkreisen zugewandert, in denen die Stellung der Frau eine andere als bei uns ist. Es muss Maßnahmen geben, die zeigen, dass das nicht erwünscht ist. Unter der neuen Regierung werden die Leute abgeschoben, früher eingesperrt, härter bestraft.

STANDARD: Wie wäre es vielleicht mit Präventivmaßnahmen?

Gudenus: Ja, super! Das ist der Ansatz der Linken, die glauben, man holt alle rein, und dann schmeißt man Milliarden in Schulungen oder Ähnliches. Das wird nichts ändern. Man wird aus vielen Köpfen die kulturelle Prägung nicht rausbekommen.

STANDARD: Es gibt auch einheimische Männern mit patriarchaler Einstellung im Kopf.

Gudenus: Es geht um die Steigerung. Dass es Österreicher gibt, die schlecht denken und schlecht handeln, ist auch klar.

STANDARD: Aber das klingt, als würden Sie es hinnehmen.

Gudenus: Prävention ist schon auch wichtig. Aber zu sagen: Man kann eh alle reinholen, weil wir investieren in Prävention, das ist falsch. Oder wenn die Wiener Stadträtin Kathrin Gaál von der SPÖ sagt, sie macht in Wien einen Hashtag zum Thema: Das wird doch nichts ändern!

STANDARD:: Der Verfassungsgerichtshof hat die von der FPÖ präsentierte Liste von angeblichen türkisch-österreichischen Doppelstaatsbürgerschaften zerpflückt, und die Verwaltung ist jetzt beschäftigt, den Schaden wiedergutzumachen. Gibt es ein Fehlereingeständnis?

Gudenus: Nein. Wir haben eine Liste bekommen, und als Staatsbürger waren wir verpflichtet, sie zur Überprüfung an die staatliche Behörde weiterzugeben. Das haben wir getan. Es wurde nicht jeder einzelne Name überprüft. Ich gehe davon aus, dass auf der Liste genügend richtige Namen stehen. Der Verfassungsgerichtshof hat nicht gesagt, dass die Liste falsch sei, sondern er hat ihre Beweiskraft infrage gestellt.

STANDARD: Karoline Edtstadler, VP-Staatssekretärin im Innenressort, tritt bei der EU-Wahl an. Soll ihr Job nachbesetzt werden?

Gudenus: Das obliegt den weiteren Gegebenheiten. Das wird man sehen.

STANDARD: Braucht Kickl ein Beiwagerl?

Gudenus: Was ist das für ein Wort! Unsere Staatssekretäre, egal wer, sind keine Beiwagerl. Sie erfüllen alle ihre Funktion.

STANDARD: Den VP-Listenersten Othmar Karas will sich die FPÖ nicht als Kommissar vorstellen. Was wäre mit Edtstadler?

Gudenus: Jetzt wird einmal gewählt. Wir haben uns als Partei aufgestellt. Ich zerbreche mir jetzt sicher nicht den Kopf über die Personalvorstellungen des Koalitionspartners.

STANDARD: Der Vizekanzler hat im STANDARD-Interview den Beitrag des Menschen zum Klimawandel angezweifelt. Und Sie?

Gudenus: Für viele scheint das eine neue Glaubensfrage zu sein. Wir wissen, dass das einzig Beständige am Klima sein Wandel ist. Wir haben Phasen erlebt, in denen es noch viel wärmer war als jetzt. Wie groß der Anteil des Menschen ist, da streiten sich die Wissenschafter.

STANDARD: Es gibt einen breiten Konsens darüber, dass die Erwärmung im aktuellen Tempo absolut außergewöhnlich ist.

Gudenus: Da gibt es verschiedenste Meinungen. Der CO2-Gehalt in der Luft ist sehr gering. Die Frage ist, wie groß ist der Anteil des menschgemachten CO2. Wir nehmen Umweltschutz sehr ernst. Es ist wichtig, zu diskutieren, aber trotzdem nicht die Wirtschaft so einzuschränken, dass andere einen Wettbewerbsvorteil dadurch erlangen. Da muss man sehr gut abwägen. (Sebastian Fellner, Peter Mayr, 24.1.2019)