Am Freitag geben sich die Neos mit den Grünen bei Kurz, Köstinger und Co die Türklinke in die Hand: Zwar ist die Partei nicht relevant für die Bildung einer Zweikoalition – doch bis dato lebt die Chance auf ein gemeinsames Regieren von ÖVP, Grünen und Neos.

Erste Wortmeldungen zur Sondierungsrunde zwischen ÖVP und Neos am Freitag können Sie hier im Livestream ab 12.30 Uhr mitverfolgen.

Im Wiener Winterpalais empfängt Wahlgewinner und ÖVP-Obmann Sebastian Kurz nacheinander beide Parteien, um die Lage für einen allfälligen Koalitionspakt zu sondieren. Die Ausgangslage der Neos klingt komfortabel: Sie drängen nicht in eine von Türkis geführte Regierung, können sich aber eine Beteiligung vorstellen, wenn die Steuerzahler entlastet, die Schulen besser dotiert und die Parteienfinanzen endlich transparenter gestaltet werden.

Vier Promis und zwei Unbekannte

Zur Wochenmitte schloss Grünen-Chef Werner Kogler die Neos als dritten Partner nicht aus, weil er Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger für ihre Arbeit, aber auch als Person sehr schätze.

Das sechsköpfige Sondierungsteam der Neos besteht aus vier Parteipromis – zwei pinke Player gelten als weniger bekannt: Andrea Klambauer, Landesrätin in Salzburg, die dort seit eineinhalb Jahren mit ÖVP und Grünen regiert, sowie Bundesgeschäftsführer Robert Luschnik, der erst vor kurzem von den Grünen zu den Neos übergelaufen ist. DER STANDARD hat das Team vorab einer Stärken-Schwächen-Analyse unterzogen.


BEATE MEINL-REISINGER

Karriere: Nachdem der quirlige Boss Matthias Strolz der Politik den Rücken gekehrt hat, ist Meinl-Reisinger seit Juni 2018 Chefin der Neos. Davor hielt die 41-Jährige im Wiener Rathaus als pinke Klubobfrau die Stellung – und wetterte gegen den "roten Filz" in der Bundeshauptstadt an. Bevor die Juristin zu den Neos stieß, war sie bei der EU-Kommission, aber auch als Assistentin von EU-Parlamentarier Othmar Karas (ÖVP) tätig.

Stärke: Kämpft wie eine Löwin für mehr Transparenz bei der Parteienfinanzierung.

Schwäche: Bügelt jeden, der eine andere Meinung hat, nieder.


NIKOLAUS SCHERAK

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Karriere: Scherak engagierte sich bereits in Studententagen für eine liberale Politik. Zunächst war der Jurist Chef der Jungen Liberalen, dockte 2012 bei den Neos an, als diese sich gerade formierten. Seit ihrem Einzug in den Nationalrat vertritt der 33-jährige Badener die Pinken im Parlament, 2018 wurde er Vizeparteichef. Der Begriff "Freiheit" ist in seinen Parlamentsreden immer mehrfach zu hören.

Stärke: Überzeugter Parlamentarier. Seine Leidenschaft gilt dem Kampf gegen Überwachung.

Schwäche: Bekennender Zyniker, der immer recht haben will – auch wenn er nicht recht hat.


NIKOLA DONIG

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Karriere: In die Politik kam Donig schon lange, bevor es die Neos überhaupt gab. Ex-ÖVP-Kanzler Wolfgang Schüssel holte 2006 den damaligen ORF-Journalisten als Sprecher für die österreichische EU-Ratspräsidentschaft. 2010 zog sich der Wiener mit Heimweh nach Brüssel von den Schwarzen in die Privatwirtschaft zurück. 2015 feierte er sein Comeback in der Politik als Generalsekretär der Neos.

Stärke: Donig gilt als strukturierter Denker und als Mastermind der pinken Ausrichtung. Und: Der 48-Jährige ist nicht nachtragend.

Schwäche: Ist Donig schon da? Meist ist er fünf Minuten zu spät.


ANDREA KLAMBAUER

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Karriere: Klambauer ist seit Mai 2018 Landesrätin in Salzburg – und dort nicht weniger als für Wohnbau, Kinderbetreuung, Familien, Wissenschaft, Erwachsenenbildung, Frauen, Chancengleichheit, Generationen sowie Integration zuständig. Zuvor arbeitete die Fachhochschulabsolventin für wirtschaftsberatende Berufe unter anderem bei Siemens und der Salzburger Aluminium AG.

Stärke: In Salzburg koaliert die ÖVP mit Grünen und Neos – die 42-Jährige weiß also, was das in der Praxis bedeuten würde.

Schwäche: Sie ist nur in Salzburg ein Begriff.


JOSEF SCHELLHORN

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Karriere: Schellhorn ist wohl der umtriebigste Parlamentarier der Neos. Der Salzburger Hotelier, Gastronom und Kochbuchautor vertritt die Partei seit 2014 im Nationalrat, seit dem Vorjahr ist er auch Vizeparteichef. Sich selbst sieht der 52-Jährige als "Kammerjäger" – er fordert die Abschaffung der Kammernpflichtmitgliedschaft.

Stärke: Als Praktiker machte er als einer der Ersten auf den Fachkräftemangel in der Gastronomie aufmerksam – und setzte sich daher für ein Bleiberecht für Asylwerber in Ausbildung ein.

Schwäche: Impulsiv, sagt, was er denkt. Danach tut es ihm oft leid.


ROBERT LUSCHNIK

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Karriere: Erst im März heuerte Luschnik als Bundesgeschäftsführer bei den Neos an. Davor war der 52-jährige Steirer in derselben Funktion für die Grünen tätig – konkret von Ende 2016 bis Ende 2017.

Stärke: Grünen-intern trat der Jurist als Direktor des Parlamentsklubs immer dann auf den Plan, wenn es in den Ländern von Vorarlberg bis Wien eine Koalition zu paktieren galt – damit ja alles Ausgemachte auf Punkt und Beistrich festgeschrieben wurde. Dazu war Luschnik auch stets für die grünen Finanzen zuständig.

Schwäche: Wechselte die Partei wie U..., Pardon, Socken.

(Marie-Theres Egyed, Nina Weißensteiner, 18.10.2019)