Linz - "Dafür, dass wir gesagt haben 'Es reicht', müssten wir eigentlich jetzt schon viel weiter sein." Franz Kirchmayer, ÖVP-Funktionär in Oberösterreich, blickt nachdenklich auf ein VP-Plakat. Spitzenkandidat Wilhelm Molterer lächelt ihm entgegen. "Es ist halt so: Fachleute haben es immer schwerer als Populisten. Und der Willi ist ein Fachmann", sagt Kirchmayer.

Ludwig Scharinger, Generaldirektor der Raiffeisen Landesbank, lud am Dienstag zu einem Abend mit dem VP-Chef in das Forum der Raiffeisen Landesbank, etwa 1000 schwarze Funktionäre folgten der Einladung. Und eines war an diesem Abend besonders wichtig: das Tempo. Nein, nicht das der groovigen Jazzband. Auch nicht das Tempo, mit dem Wilhelm Molterer zu den Klängen ebendieser Band durch die Funktionärsreihen tänzelte. Vielmehr das Tempo, das man jetzt noch zulegen müsse, um am 28. September den geplanten Sieg zu erreichen.

Zum Auftakt versprach VP-Landesparteisekretär Michael Strugl, man werde "laufen, laufen, laufen. Und jetzt noch einmal alles nach vorne werfen und jedes Wochenende auf der Straße stehen." Auf Oberösterreich könne Molterer zählen, denn "die Landestracht der Oberösterreicher ist der Kampfanzug, und die Landesprache das offene Wort", stellte Strugl klar.

Auch aus Sicht des Hausherrn muss die VP jetzt einen Zahn zulegen. "Das Jammern hat jetzt ein Ende. Das Geraunze hat jetzt ein Ende. Ihr müsst's jetzt rennen, bis euch die Sohlen brennen", riet RLB-Boss Ludwig Scharinger. "Tempo erhöhen klingt gut", pflichtet Funktionär Franz Gassner den Parteigranden auf der Bühne bei. Zu langsam sei seiner Meinung nach der Neustart gewesen: "Es wird interessant, ob sich das noch ausgeht." An einer Obmanndebatte will sich Gassner nicht beteiligen: "Der Willi macht das jetzt und aus."

Typische Obmann-Debatten

Dass in den letzten Wochen innerparteilich nicht alle mit Molterer an der VP-Spitze zufrieden waren, bestätigte im Standard-Gespräch auch der frühere EU-Kommissar Franz Fischler: "Sicher wurde die Obmannfrage diskutiert. Das ist aber ganz typisch für die ÖVP. Die Zweifler gibt es immer bei uns."

Molterer selbst zeigte sich dann bei seiner Rede - ähnlich wie zuletzt beim Wahlkampfauftakt in Graz - ungewohnt impulsiv. Und schien damit - neben inhaltlich Bekanntem aus den Bereichen Familie, Bildung, Sicherheit - bei den Funktionären zu punkten.

"Er hat mir heute gefallen. Wissen sie, wir wollen ja eh' keinen Showman und schon gar keinen Populisten. Aber nur mit ruhig und brav reißt halt bei einer Wahl auch nichts", zeigt sich ein Funktionär nach dem Auftritt des Parteichefs durchaus zufrieden. Seinen Namen wollte der ältere Herr nicht nennen: "Weil es auf keinen Fall sein kann, dass der Klane in der Partei den Großen irgendetwas über die Zeitung ausrichtet." Und außerdem stehe er jetzt für weitere Fragen "sowieso leider nicht mehr zur Verfügung", denn er müsse zum Buffet "eilen". Das Tempo ist eben in Wahlzeiten ganz entscheidend. (Markus Rohrhofer/DER STANDARD-Printausgabe, 10. September 2008)