Wien - Bei den Details zur Steuerreform halten sich SPÖ und ÖVP noch zurück, klar ist aber schon jetzt: Ein großer Wurf ist mit 2,2 Mrd. Euro für die Lohnsteuersenkung nicht drin. Denn allein 1,9 Mrd. Euro werden nötig sein, um die seit der letzten Steuerreform 2005 angelaufenen Mehrbelastungen durch die "Kalte Progression" abzugelten. Dazu kommen noch Zusagen aus dem Wahlkampf, die das Steuerreformvolumen weiter schmälern könnten. Die Schieflage des Lohnsteuersystems wird sich damit kaum beseitigen lassen.

Die gröbste Baustelle bei der Lohnsteuer ist die äußerst ungleiche Verteilung der Steuerlast. Der Grundsatz, dass auf höhere Einkommen auch höhere Abgaben fällig werden, gilt nämlich nur in der Theorie. De facto werden Spitzeneinkommen ab 55.000 Euro sogar noch entlastet: Denn ab diesem Punk steigt zwar der Steuersatz leicht an, dafür fällt aber die Sozialversicherung weg ("Höchstbeitragsgrundlage"). Effekt: Für Einkommensteile zwischen 15.500 und 55.000 Euro werden zwischen 45 und 50 Prozent Steuern und Abgaben fällig, darüber nur noch 38 bis 43 Prozent.

"De facto Flat-Tax"

Experten von Wifo und IHS kritisierten diese Entwicklung seit Jahren als de facto Flat-Tax auf hohem Niveau. An diesem Ungleichgewicht wird aber auch die Steuerreform nichts ändern, denn eine weitere Senkung der Sozialversicherungsbeiträge ist soweit bisher bekannt nicht angedacht. Auch die grundsätzliche Schieflage der Steuerstrukturen - im EU-Vergleich hohe Abgaben auf Arbeitseinkommen, aber niedrige Öko- und Vermögenssteuern - wird laut den derzeitigen Plänen bestehenbleiben.

Sehr wohl in Angriff nehmen möchten SPÖ und ÖVP aber die Senkung der Lohnsteuertarife. Hier herrscht schon allein deshalb Handlungsbedarf, weil die Belastung der Lohnsteuerzahler jedes Jahr automatisch steigt. Grund ist die fehlende Inflationsanpassung der Lohnsteuertarife, die wie eine versteckte jährliche Steuererhöhung wirkt ("kalte Progression"). Allein zur Abgeltung der kalten Progression sind laut Wirtschaftsforschungsinstitut 1,9 Mrd. Euro nötig.

Gesamtvolumen der Lohnsteuersenkung

Bei einem Gesamtvolumen der Lohnsteuersenkung von 2,2 Mrd. Euro würde also der Großteil zur Abgeltung der kalten Progression dienen, nur 300 Mio. Euro wären wirkliche Entlastung - und das bei erwarteten Gesamteinnahmen aus der Lohn- und Einkommenssteuer von heuer insgesamt fast 23 Mrd. Euro. Dazu kommt noch eine Reihe von Zusagen aus dem Wahlkampf, die das Entlastungsvolumen schmälern könnten: So würde das von der Wirtschaft geforderte begünstigte Weihnachts- und Urlaubsgeld für Unternehmer rund 400 Mio. Euro kosten, die steuerliche Absetzbarkeit von Spenden 100 Mio. Euro.