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Mit hoch erhobenem Haupt, ganz gemäß dem zuletzt auch von ihr selbst so gerne gepflegten Bild von den "1,90 Metern blondem Eigensinn", trat Ursula Plassnik Sonntagnachmittag im Parlament auf. Zu diesem Zeitpunkt war bereits klar, dass SPÖ und ÖVP eine Kompromissformel in der Europafrage gefunden hatten. Und es war ebenso klar, dass die Außenministerin diese Vereinbarung nicht mittragen konnte - sie verzichtete auf ihr Amt, wünschte "alles Gute" und wurde unversehens zur Frau des Tages, die Werner Faymann und Josef Pröll die Show stahl.

Soll ein Wort Plassnik angemessen beschreiben, dann ist es Konsequenz. Die Lehrerstochter aus Kärnten war "im Amt" hart zu Verhandlungspartnern, härter zu ihren Mitarbeitern und am härtesten zu sich selbst. Die in jeder Hinsicht herausragende Diplomatin absolvierte als Ministerin ein enormes Arbeitspensum, ging ein Tempo, das - konsequent - weit über die Selbstdisziplin hinaus schon in Richtung Selbstverleugnung ging. Dabei wirkte die 52-Jährige spröde und herrisch - vor allem denen gegenüber, die sie nicht für voll nahm. Und das waren, ähnlich wie bei ihrem politischen Mentor Wolfgang Schüssel übrigens, viele: Alfred Gusenbauer war darunter wie auch Werner Faymann.

Schüssel hatte sie eher gegen ihr Gefühl 2004 aus der zweiten in die erste Reihe geholt. Die frühere Kabinettschefin, Diplomatin, Juristin war plötzlich Politikerin geworden und hatte damit zunächst ihre liebe Mühe. Mit ihrer Opposition gegen die Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei 2005 gewann sie internationales Profil, die türkischen Zeitungen schrieben beeindruckt über die "blonde Schutzmantelmadonna Österreichs" . In der Regierung Gusenbauer dann wehte zeitweise ein scharfer Wind über den Minoritenplatz, eine selbstbewusste Plassnik beharrte darauf, die außenpolitische Linie der Republik vorzugeben.

Ihr Verhältnis zu den Medien aber blieb unterkühlt. In einem Interview mit dem Standard stand sie einmal einfach auf und ging, als die Rede auf die so ungeliebte Innenpolitik kam. Mit der Krone lag sie wegen deren EU-Linie im Clinch. Mehrfach hatte sie versucht, Hans Dichand vom Nutzen der EU zu überzeugen. Erfolglos. Die Attacken des Herausgebers ließen sie "unbeeindruckt" , wie sie Dichand öffentlich schrieb. ÖVP-Chef Pröll müsse sich in einer neuen Regierung jeden Tag "am Nasenring vorführen lassen", hieß es zuletzt aus Dichands Umfeld. Seit Sonntag, auch das ist eine Konsequenz, ist Plassnik weg. (Christoph Prantner/DER STANDARD, Printausgabe, 24.11.2008)