Auf dem rot-schwarzen Familienfoto fehlt eine Ministerin: Richterin Claudia Bandion-Ortner wird erst mit Jahresbeginn 2009 ihr Amt als Justizministerin antreten. Eine Grippe und die Ausfertigung des 1200-Seiten-Urteils im Bawag-Prozess, u. a. gegen Österreichs prominentesten U-Häftling Helmut Elsner, sind verantwortlich für den verzögerten Dienstantritt der parteiunabhängigen Ministerin.

Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP) wurde daher am Dienstag doppelt angelobt: Er fungiert bis Bandion-Ortners Einstieg als Wissenschafts- und Justizminister. Reiner Frühstücksdirektor im Justizbereich will er nicht sein. Er werde in beiden Häusern anwesend sein und die Dinge erledigen, die zu erledigen sind, sagte er zum Standard.

Eine jahreszeitlich bedingte Aktion, die in Hahns Interregnum fällt, ist die Weihnachtsamnestie. Der Minister darf dem Bundespräsidenten die Liste derer geben, für die sich die Zellentüren öffnen sollen. Ausgewählt werden die Kandidaten aber von Beamten und Justizanstalten. Elsner ist zwar (noch) kein Amnestie-Fall, aber es könnte ein anderes Aufeinandertreffen mit Bandion-Ortner geben: Sollte Elsner ein Gnadengesuch stellen, müsste er das ausgerechnet bei der Frau tun, die ihn als Richterin eingesperrt hat. Die Justizministerin Bandion-Ortner müsste bei Heinz Fischer Gnade für Elsner vorschlagen, die dieser walten lassen kann.

Eine andere Wiedersehenskonstellation tauchte am Dienstag als Gerücht auf: Staatsanwalt Georg Krakow - Ankläger im Bawag-Verfahren - soll von Bandion-Ortner gefragt worden sein, ihr Kabinettschef zu werden. Krakows Kommentar: "Kein Kommentar."

"Das würde die in Justizkreisen heftig kritisierte ungünstige Optik komplettieren" , spricht Ex-Justizminister Dieter Böhmdorfer (FPÖ) im Standard-Gespräch aus, was andere nur ohne Zitierung sagten.

Böhmdorfer stört sich zwar nicht an Bandion-Ortners Person, aber an der demonstrativ betonten Parteiunabhängigkeit: "Man tut immer so, als wäre ein parteigebundener Minister automatisch einer, der das Amt für rechtswidrige Weisungen missbraucht. Das stimmt natürlich nicht. Vielmehr ist Parteiunabhängigkeit die Verurteilung zur justizpolitischen Untätigkeit" , warnt Anwalt Böhmdorfer. "Wenn man parteiunabhängig ist, ist man zu einer Brosamenpolitik verurteilt, weil man ja nur das machen kann, was SPÖ und ÖVP nicht interessiert oder unter deren Wahrnehmungsschwelle ist."

Der "Kritiker der Parteien" sagt: "Die Einzelpersönlichkeit ist in der Politik bei wichtigen Entscheidungen gleichgültig. Man muss parteipolitisches Gewicht hinter sich haben, um seinen politischen Willen durchsetzen zu können." (Lisa Nimmervoll, DER STANDARD, Printausgabe, 3.12.2008)