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Schluss mit lustig: ÖVP-Bürgermeister Siegfried Nagl trennte sich von seiner Baustadträtin Eva-Maria Fluch.

Foto: apa/KUCEK

Graz - Die junge schwarz-grüne Grazer Koalition durchlebt in diesen Tagen ihre erste schwere Krise. Es sind aber nicht die Grünen, die das Politexperiment zum Wanken bringen, sondern die Bürgermeisterpartei ÖVP.
Bereits zum zweiten Mal in dieser erst ein Jahr alten Legislaturperiode sah sich Bürgermeister Siegfried Nagl gezwungen, ein Mitglied seines Regierungsteams hinauszuschmeißen. Oder aber er wurde - wie mancherorts im Rathaus gemutmaßt wird - auch Opfer harter Intrigenspiele im eigenen schwarzen Bereich des Grazer Rathauses.
Nach Werner Miedl, der über eine angebliche Meldezettel-Affäre gestolpert ist, musste jetzt dessen Nachfolgerin Eva-Maria-Fluch gehen - wegen der freihändigen Vergabe eines Beraterauftrages an ihren Lebensgefährten. ÖVP-Chef Nagl, der in der Landeshauptstadt den Sunnyboy der Stadtpolitik gibt, wird jetzt intern katastrophales Krisenmanagement vorgeworfen. Fluch wie auch Miedl kamen von der mächtigen Teilorganisation ÖAAB, die vehement den Posten für sich beansprucht und Nagl unter Druck setzt.

Durch Fluchs Rücktritt steht jetzt Nagl in der Auslage. Die Opposition lässt sich den günstigen Moment des erstmals schwächelnden Bürgermeisters nicht entgehen. Die SPÖ überlegt die Einberufung einer Sondergemeinderatssitzung, um die Rolle des Bürgermeisters zu klären, inwieweit dieser die Sorgfaltspflicht verletzt hat und ob der Fluch-Auftrag zum Schaden der Stadt rückabgewickelt werden müsse. Das BZÖ plant einen Misstrauensantrag gegen Nagl.

Neue Vorwürfe

Zudem tauchen jetzt auch neue schwere Vorwürfe auf: BZÖ-Chef und Gemeinderat Gerald Grosz, der den Fall Fluch schon der Staatsanwaltschaft weitergeleitet hat, bringt jetzt eine Grazer Werbefirma, die für Nagl und auch die Kärntner ÖVP erfolgreich Wahlkampfkampagnen durchgeführt hat, ins Spiel. Konkret solle es um einen 4000-Euro-Auftrag der Stadtfirma Graz AG an die Werbefirma gehen, der auf 90.000 Euro erhöht worden sei. Es gehe um den Verdacht einer Wahlkampfkostenretournierung über die stadteigene Firma, sagt Grosz. Auch diesbezüglich sei eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft in Ausarbeitung.

Und auch die SPÖ will jetzt eine weitere mögliche Affäre geklärt wissen. In der im Eigentum der Stadt stehenden Grazer Messe betreibt die dortige Geschäftsführerin der Messe-Tochter "Congress Graz GesmbH" parallel eine private Messe- und Eventfirma. "Eine klare Unvereinbarkeit, das gehört sofort abgestellt" , sagt SPÖ-Chef und Stadtrat Wolfgang Riedler nach einem entsprechenden Standard-Bericht. Er werde von Nagl, der als Eigentümervertreter und Aufsichtsratschef fungiert, verlangen, diesen "untragbaren Zustand" abzustellen. Nagl müsse aufklären, warum diese Verquickung städtischer und privater Interessen geduldet worden sei. Congress-Chefin Ingrid Marsoner-Pichler wehrt sich indessen schriftlich. Sie habe keine "führende Messefunktion" . Die Geschäftsfelder der Firma, an der sie beteiligt ist und die ihr Mann führt, kollidierten nicht mit den Interessen der Messe. Nagls Koalitionspartnerin, die grüne Vizebürgermeisterin Lisa Rücker, war für eine Stellungnahme zu all den Vorgängen nicht erreichbar. (Walter Müller/DER STANDARD-Printausgabe, 19. März 2009)