"Die Mieten muss der Markt regulieren", sagt Wolfgang Louzek, Präsident des Verbandes der institutionellen Immobilieninvestoren (VII): Wir leben mit unglaublichen Auswüchsen bei der Weitergabe von Wohnungen, weil wir so überreguliert sind. Ich habe als Vermieter oft durch einen Kündigungsschutz zwei folgende Generationen in meiner Wohnung sitzen, zum selben niedrigsten Mietzins

Foto: VII

"Der Hauseigentümer wird immer dargestellt, als einer, der nur kassiert und die armen Mieter zahlen und haben nichts davon. Die Wirklichkeit schaut aber anders aus. Die Mieter zahlen zu wenig, insbesondere bei Altverträgen und Richtwertmieten. Mit diesen Einnahmen kann ein Haus nicht erhalten und schon gar nicht Rendite gemacht werden", ärgert sich Wolfgang Louzek, Präsident des Verbandes der institutionellen Immobilieninvestoren (VII) über die Arbeiterkammer, die von Mietsteigerungen im August von über fünf Prozent spricht – Die Fragen stellte Iris Seebacher

derStandard.at: Wohnen in Österreich ist teuer, sagt die Arbeiterkammer. Die Mieten steigen deutlich stärker, als die Inflationsrate

Louzek: Wenn man die Preise mit anderen Ländern vergleicht, dann sieht man gleich, dass Wohnen in Österreich gar nicht so teuer ist. Was aber nicht geht, ist qualitätvolles Wohnen fordern, den Vermieter zu diesem und jenem verpflichten und sagen, es darf aber nichts kosten, denn dann wird die Miete zu teuer.

derStandard.at: Was wäre die Lösung?

Louzek: Die Lösung wäre, diese ganzen Preis-Regelungen über Bord zu werfen. Die Mieten muss der Markt regulieren, alles andere führt zu nichts. Natürlich auf gut österreichisch mit Übergangsfristen und verschiedenen Abfederungen. Das muss natürlich gegeben sein. Aber wie kommt ein Investor oder Eigentümer eines Zinshauses dazu, dass er durch Mietzinsregulierung dafür zu sorgen hat, dass die Leute billig wohnen können? Wenn sich jemand wohnen zu Marktkonditionen nicht leisten kann, muss das die Allgemeinheit übernehmen. Die Liegenschaftseigentümer haben das über 90 Jahre getragen.

derStandard.at: Was genau soll die Allgemeinheit übernehmen?

Louzek: Zum Beispiel einen Mietzinszuschuss. Das muss aus dem allgemeinen Budgettopf kommen, aber nicht vom Hauseigentümer.

derStandard.at: Die Arbeiterkammer spricht aber nicht vom einzelnen Bedürftigen, sondern von den Österreichern.

Louzek: Moment einmal, wie viele Österreicher sind Vermieter?

derStandard.at: Keine Ahnung. Wie viele Österreicher sind Vermieter?

Louzek: Weiß ich auch nicht, wahrscheinlich ein paar Hunderttausend. Wieso sollen ein paar Hunderttausend das Wohnen für die Allgemeinheit finanzieren? Und darüber hinaus auch die Büroräumlichkeiten in Althäusern wie Anwaltskanzleien, Ordinationen, Geschäftslokale, etc.. Österreich ist in Europa eines der wenigen Länder, wo die Miete von Geschäftsraum auch im allgemeinen Mietrecht inkludiert ist.

derStandard.at: Ist es für den Investor so, dass er in Österreich zu langsam Rendite macht?

Louzek: Wir leben seit über 90 Jahren mit einer unpassenden Mietzinsregulierung. 1917 hat der Kaiser gemeint, er muss die erste Mieterschutzregel erlassen, dass die Kriegswitwen oder daheim gebliebenen Familien nicht aus den Wohnungen hinausfliegen. Das ist die Ursubstanz all dessen, was wir heute noch an Mietrechtsregelungen kennen. Der Bestandsschutz und der Preisschutz bestehen noch immer nebeneinander.

derStandard.at: Was meinen sie mit Bestandsschutz und Preisschutz?

Louzek: Wir leben zum Beispiel mit unglaublichen Auswüchsen bei der Weitergabe von Wohnungen, weil wir so überreguliert sind. Ich habe als Vermieter oft durch einen Kündigungsschutz zwei folgende Generationen in meiner Wohnung sitzen, zum selben niedrigsten Mietzins.

derStandard.at: Sind befristete Mieten eine Reaktion, um die Mieter schneller draußen zu haben und den Mietzins regelmäßig neu anzupassen?

Louzek: Ein wirtschaftlicher Vorteil aus der Befristung ist schwer zu argumentieren. Im Gegenteil, wenn ich mehr verlange, muss ich auch den Befristungsabschlag berücksichtigen. Das heißt, wenn ich die Miete befriste, muss ich vom zusätzlichen Mietzins 25 Prozent abschlagen. Der Vorteil liegt nur in der Flexibilität, die der Eigentümer mit seinem Objekt hat. Vielleicht will ich einmal, was zusammenlegen mit der Nachbarwohnung und habe dann einen besseren Grundriss und ich kann dann Zuschläge verrechnen, durch Verbesserungen.

derStandard.at: Die Mieten (ohne überwälzbare Hausbetriebskosten) kletterten im August um mehr als fünf Prozent, sagt die Arbeiterkammer. Wenn man der Arbeiterkammer glaubt, läuft damit für den Immobilieninvestor zur Zeit alles bestens. Stimmen die Zahlen nicht?

Louzek: Die Zahlen werden schon stimmen. Das Datenmaterial ist ja von der Statistik Austria. Was mich an der Aussage ärgert ist, was wurden denn da für Daten erhoben? Nur Neuvermietungen oder alle Mieten? Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Statistik Austria alle Mieten in Österreich erheben kann. Aber selbst wenn es nur um Neuvermietung geht, dann weiß man ja trotzdem nicht, warum die Mieten gestiegen sind. Es kann ja investiert worden sein, da kann der Standard erheblich angehoben worden sein.

derStandard.at: Der Investor muss sich rechtfertigen, dass er auch in Zeiten der Wirtschaftskrise Gewinne macht. Ärgert Sie das?

Louzek: Langsam, langsam. Dass der Investor Gewinne macht, wird ja nur impliziert, von dem ist ja noch gar nicht die Rede. Selbst wenn ich behaupte die Einnahmen sind um irgendeinen Prozentsatz gestiegen, dann muss mir zumindest jemand erkläre, dass die Kosten nicht auch so gestiegen sind. Denn die Kosten, die ich aus der Immobilie habe, muss ich irgendwie abdecken. Mich fragt aber keiner, ob der Baukosten-Index eigentlich vielmehr steigt, als der normale Verbraucherpreisindex. Die Rendite spielt sich ohnehin nur in ein paar Prozent des Investments ab. Es ist ja nicht so, dass da zweistellige Renditen erzielt werden.

derStandard.at: Den Aussagen der Arbeiterkammer nach, profitiert der Investor ohnehin schon von überhöhten Richtwertmieten.

Louzek: Dass man aus dem Richtwert, jetzt auch schon, ein unverschämtes Geld macht, mit dem der Vermieter die Häuser sanieren könnte, ist bitte ein ordentlicher Irrtum.
Ich möchte ein Beispiel dazu bringen: Die Stadt Wien die großartig erklärt hat, sie wird die Wertsicherung nicht anwenden. Das hat gerade die Nationalratswahl überlebt und dann haben sie den Mietzins sehr wohl angehoben. Weil, die braucht auch das Geld, damit sie ihre Häuser sanieren kann.

derStandard.at: Was ist schlecht am Richtwert?

Louzek: Der Richtwert wurde schon seit Urzeiten nicht mehr den Gegebenheiten angepasst, sondern mühselig und immer hinterherhinkend vielleicht mit der Inflationsrate erhöht. Das was damals gemeint war, nämlich dass man einen Mietzins bezieht, auf die Kosten der Errichtung einer Normwohnung, wie das so komisch heißt, davon sind wir ja schon Jahrzehnte entfernt. Denn die Kosten für so eine Normwohnung sind deutlich höher gestiegen, als die Inflationsrate.

derStandard.at: Verdient der Investor zu wenig, um Sanierungen durchzuführen?

Louzek: Bei Altverträgen oder Neuabschlüssen mit Richtwerten sind wir nicht mehr marktadäquat. Sie können mit diesem Geld das Haus nicht mehr erhalten und schon gar nicht eine Rendite machen. Es ist ja nichts Unschickliches wenn ein Investor sagt, ich habe jetzt ein Haus gekauft, ich will es nicht nur erhalten, sondern ich will auch irgendwann eine Rendite machen. Ich behaupte in vielen Fällen, wo nichts passiert, passiert deswegen nichts, weil die Einnahmen nicht ausreichen. Wo soll das Geld denn herkommen? Der Vermieter versucht mit einem unseligen §18 ein Mietzinserhöhungsverfahren zu machen, dann bekommt er ein paar Einsprüche, das zieht sich über Jahre hin und währenddessen verfällt die Immobilie, ist ja klar.

derStandard.at: Mieter sind nicht für die Sanierung zuständig. Das ist Aufgabe des Eigentümers.

Louzek: Ja womit? Der Hauseigentümer wird immer dargestellt, als einer, der nur kassiert und die armen Mieter zahlen nur und haben nichts davon. Die Wirklichkeit schaut aber anders aus. Die Mieter zahlen zu wenig, insbesondere bei Altverträgen. Der Hauseigentümer ist aber für alles zuständig und hat zu reparieren, instand zu setzen, auf den neuesten Stand der Technik zu bringen. Wenn man neue Studien zur Elektrotechnik ernst nimmt, darf ich alle zwei Jahre durch das Haus stemmen und neue Elektroleitungen verlegen, weil ich am Stand der Technik sein muss und der ändert sich ja alle paar Jahre.

derStandard.at: Viele Häuser sind vom Stand der Technik weit entfernt, sondern werden nur notdürftig oder gar nicht saniert.

Louzek: Ein Institutioneller wird das nicht tun, denn der muss sein Haus instand halten. Der ist ja Aktionären und Eigentümern berichtspflichtig. Es fehlt das Geld dort, wo wir reguliert sind. Sprich, in den Altverträgen. Es ist ja nicht so, dass alle sagen, ich lass jetzt absichtlich mein Haus verfallen, dann wird es ja weniger wert. Wer macht das? Kein Mensch. Zum Beispiel, ein typischer Zinshausbestand mit einem privaten Eigentümer, der entweder gar kein Geld hat oder nicht Willens ist, etwas aus seinem Privatvermögen zu zuschießen. Bis der, wenn er viele Altverträge hat, mit einem §18 Verfahren, die Mieten erhöht hat und dann irgendeine Sanierung finanzieren kann, da können viele Jahre vergehen. Da würde ich noch keinem böse Absichten unterstellen.

derStandard.at: Die Arbeiterkammer hat verschiedene Vorschläge um die Mieten anzupassen. Eine Forderung ist eine indexgebundene Erhöhung der Richtwertmieten erst alle drei bis fünf Jahre, bei einem zehn Prozent-Indexschwellenwert. Was halten Sie davon?

Louzek: Höhere Schwellenwerte sind keine Lösung.Wozu führt denn das? Der Investor bekommt dann, bis der Wert erreicht ist, seine inflationsgesicherte Miete nicht. Und es entstehen große Steigerungsstufen, die für den Mieter eine plötzliche signifikante Preiserhöhung bedeuten.Wo die gleiche Arbeiterkammer, die zuerst sagt, der Schwellenwert müsse zehn Prozent sein, dann sagen wird: "Schweinerei, man kann nicht die Miete um zehn Prozent erhöhen, das muss halbiert werden". Und schon ist der Investor wieder der Dumme, der seinen Ausgleich nicht bekommt.

derStandard.at: Wie sollte die Miete angehoben werden?

Louzek: Die jährliche Anpassung war doch für jeden in Ordnung. Wir hätten dabei bleiben sollen, wo wir immer auf der Dezemberbasis angepasst haben. Denn ich gehe ja auch davon aus, dass jeder seine Gage oder seine Pension in irgendeiner Weise jährlich angepasst bekommt. Die Mieten um einen kleinen erträglichen Betrag jährlich anzuheben ist keine Aufregung und das funktioniert wunderbar

derStandard.at: Sie sprechen von den letzten Gesetzesänderungen?

Louzek: Ja, das hat ein paar Monate gehalten, dann ist man draufgekommen, dass alles falsch ist. Man hat hin- und dann wieder zurück geändert und jetzt haben wir so eine komische Mittellösung für den Erhöhungsmechanismus gefunden. Vertrauensschutz gibt es sichtlich für die Immobilieninvestoren absolut nicht.

derStandard.at: Mit der Wohnrechtnovelle 2009 wurde im Nationalrat nun beschlossen, dass der Mietzins nur mehr alle zwei Jahre erhöht wird, entsprechend der durchschnittlichen Jahresinflation statt wie vorher üblich, jährlich nach der Dezemberteuerung. Dem Mieter sollten nun, dieses Beispiel wurde angeführt bei einer Miete von 700 Euro etwa 200 Euro Ersparnis bleiben.

Louzek: Das Immobiliengeschäft ist ein langfristiges Geschäft, da darf man nicht kurzfristig eingreifen. Das führt in die Irre, das wurde ja bewiesen.

derStandard.at: Ein Arbeiterkammer-Vorschlag ist eine klare Mietbegrenzung im Altbau. Ist das für Sie vorstellbar?

Louzek: Eine weitere Begrenzung bedeutet eine Herabsetzung der Mieten. Wir haben bereits eine Mietbegrenzung im Altbau und die ist vollkommen verfehlt: Dieser regulatorische Eingriff, der nur darauf bezogen ist, wann das Haus gebaut wurde. Warum ist der Altbau reguliert und ein unsanierter Siebzigerjahre Bau nicht? Dort habe ich plötzlich keine Mietzinsregulierung, das ist unlogisch. Wieviel Miete wäre man bereit für einen unsanierten Siebzigerjahre Bau zu zahlen? Sicher nicht den Richtwert wenn der Vermieter den Marktwert verlangen kann.

derStandard.at: Es gibt ja doch, eine Gemeinsamkeit mit der Arbeiterkammer. Sie wollen beide eine grundsätzliche Erneuerung des Mietsystems.

Louzek: Ja, aber wo uns der Graben trennt ist, dass Änderungen nicht über weitere Regulierungen des Mietzinses erreicht werden können. Denn wo reguliert wird, wird man immer die Investoren verschrecken. Wenn ich einen angemessenen Mietzins kassieren kann, dann wird der Eigentümer die Immobilie instand halten können und müssen, denn sonst wird ihm die Immobilie niemand mieten

derStandard.at: Hätte eine Mietzins-Deregulierung auch für den Mieter einen Vorteil?

Louzek: Natürlich, denn er bekommt für sein Geld erstklassige Wohnungen angeboten. Für eine miese Bude wird kein Mieter einen guten Marktzins zahlen. Der Markt reguliert sich selbst.

(si,derStandard.at 22.9.2009)