Bild nicht mehr verfügbar.

Am Samstag hatte Faymann noch gegen den Koalitionspartner gewettert - beim Ministerrat am Mittwoch sprach er von "positiven Ergebnissen" der Regierungsarbeit.

Foto: apa/Schlager

Wien - Beinahe schon demonstrativ haben Bundeskanzler Werner Faymann (SP) und sein Vize Josef Pröll (VP) am Dienstag nach dem Ministerrat gute Stimmung verbreitet - und dies nach Konflikt um die Mindestsicherung in den vergangenen Tagen. In wesentlichen Fragen gehe man "sehr koordiniert und gut abgesprochen" vor, betonte Faymann und wollte damit Gerüchte über einen Streit in der Koalition widerlegen. Pröll pflichtete ihm bei: "Es gibt keinen Grund zur Sorge, was die Stimmung in der Koalition betrifft."

"Es ist ein wunderschöner Tag, und ich bin durchaus gut aufgelegt", stellte der ÖVP-Obmann fest. Zwar habe es durch "Parteitage und Aussagen" (Faymann hatte am SP-Parteitag am vergangenen Samstag die ÖVP und Pröll kritisiert) Belastungen gegeben, es bestehe aber kein Grund zur Sorge. "Im Gegenteil", verwies Pröll auf die notwendige Zusammenarbeit zur Krisenbewältigung. Dies sei wichtiger, betonte er. Darüber hinaus zeuge es von gutem Stil, über laufende Verhandlungen zur Transparenzdatenbank nicht öffentlich zu diskutieren: "Wir haben bis zum 30. Juni Zeit, Gespräche zu führen."

Faymann sieht trotz Streit um Mindestsicherung und Transparenzdatenbank "positive Ergebnisse" der Regierungsarbeit

Laut Faymann würden der heutige Beschluss von 14 Gesetzen und neun internationalen Vereinbarungen beweisen, "dass es in wesentlichen Fragen positive Ergebnisse unserer Regierungsarbeit gibt" - so etwa die Novelle des IG-Luft, die Ärzte-GmbH oder die elektronische Fußfessel. Ebenfalls zeige sich, dass die Zusammenarbeit unter den Ministerien "auf gutem Weg" sei. Zwar möchte Faymann nicht "verheimlichen", dass es unterschiedliche Meinungen zu bestimmten Themen gibt. Der "gute Wille" sei jedoch klar in den Vordergrund zu stellen. Bei der Mindestsicherung wünscht er sich eine Einigung bis zum 30. Juni.

Protest der Grünen und der Straßenzeitung "Augustin"

Die Regierungsmitglieder sind vor dem Ministerrat mit einer Demo der Grünen für die Mindestsicherung empfangen worden. Der Chor der Straßenzeitung "Augustin" sang dem Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SP) das Lied "Hey, hey Rudi". Die Aktivisten wiesen darauf hin, dass 730 Euro netto im Monat "deutlich" unter der Armutsgrenze von 950 Euro nach EUSILC 2008 liege.

Zahlreiche Gesetze durch Ministerrat

Im Ministerrat wurden neben den großen Brocken IG-Luft, dem Gesetzesentwurf zur Ärzte-GmbH oder der Einführung der elektronischen Fußfessel noch zahlreiche weitere Materien abgesegnet. So wurden u.a. eine weitere ASVG-Novelle sowie mehrere Doppelbesteuerungsabkommen durchgewunken.

Mit der ASVG-Novelle kommen eine Reihe kleinerer Änderungen. Im Pensionsbereich schiebt etwa das Sozialministerium dem bisher möglichen Wechsel von Beamten in den ASVG-Bereich einen Riegel vor. Vor allem viele weibliche Beamte hatten diese Möglichkeit genutzt - der Vorteil: Sie können schon fünf Jahre früher in den Ruhestand treten, denn bei den Beamten gibt es keinen Unterschied zwischen Männer- und Frauenpensionsalter. Die Pension wurde zwar etwas geringer, das Interesse war dennoch groß. Künftig wird dies nicht mehr möglich sein. Die Pensionsbezüge sind dann erst fünf Jahre nach dem Übertritt abzurufen, frühestens mit dem 62. Lebensjahr. Damit wird der Übertritt deutlich unattraktiver und die Pensionsversicherungsanstalt für Arbeitnehmer (PVA) entlastet.

Weiters in der Novelle enthalten ist u.a. eine Änderung der Sozialversicherung der Bauern (BSVG). Bauern, die etwa für einen Nachbarn gegen Entgelt die Ernte einfuhren, sind damit auch bei dieser Tätigkeit im BSVG versichert und gelten in diesen Fällen nicht mehr als Freie Dienstnehmer nach ASVG.

Ein weiterer Punkt der ASVG-Novelle ist die Erweiterung des bisher auf Wien und Niederösterreich beschränkten Modellprojekts "Gesundheitsstraße" auf ganz Österreich. Durch diese "Gesundheitsstraße" soll im Rahmen des Invaliditätsverfahrens eine einheitliche, standardisierte, zentrale und verbindliche Feststellung der Arbeitsfähigkeit erfolgen.

Änderungen am Behinderteneinstellungsgesetz

Ebenfalls abgesegnet wurden die gesetzlichen Voraussetzungen für die Schaffung neuer Kriterien bei der Einschätzung des Grades von Behinderungen. Mit Änderungen am Behinderteneinstellungsgesetz, dem Bundesbehindertengesetz, dem Familienlastenausgleichsfonds-Gesetz und dem Einkommenssteuergesetz wird es möglich, dass das Sozialministerium eine neue "Einschätzungsverordnung" für den Grad der Behinderung erlassen kann. (APA)