Jonathan Safran Foer: Tiere essen. Kiepenheuer & Witsch, 2010, Euro 20, 60

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Jonathan Safran Foer hat mit Eating Animals in den USA einen veritablen Hype ausgelöst. Nicht dass halbwegs interessierte Amerikaner nicht wissen können, was hinter den meterhohen Stacheldrahtzäunen der Riesenställe und Massenschlachthöfe passiert. Aber Foers Art, unprätentiös, soziologisch genau und gleichzeitig fast literarisch über das Phänomen zu referieren, dass der aufgeklärte Mensch ungerührt sein Steak oder ein Paar Würstel isst, während er zum Haushund zu seinen Füßen eine hohe emotionale Bindung besitzt - dieser schriftstellerische Zugang ist bemerkenswert.

Warum essen wir Schwein, Geflügel und Rind, während Hunde tabu sind - obwohl sie ein sehr schmackhaftes Fleisch besitzen sollen, fragt sich Foer. Seine Antwort: Bei kaum einem Thema stecken wir mehr den Kopf in den Sand als bei dem, was wir essen.

Dadurch, dass Fleischproduktion industrialisiert und weggenommen wurde aus dem Lebensumfeld der Menschen (Werbungen mit den herzigen Schweinderl und süßen Küken sind Fake), sehen wir das Leid bei Aufzucht und Schlachtung nicht. Wollen es nicht sehen. Ignorieren die Schäden, die Massentierhaltung bei Umwelt und Klima bewirken.

Foer, der bei der Recherche zum Buch zum Veganer wurde, will nicht missionieren. Stattdessen lässt er präzises Sprachwerkzeug wirken. Etwa wenn er schildert, wie die ersten Schlachthöfe arbeiteten. Henry Ford ließ sich von der dort entwickelten koordinierten Abfolge von Arbeitsschritten (anhängen, stechen und entbluten, Kopf absetzen, Schwanz abtrennen, Füße abtrennen, Haut abziehen, ausweiden, spalten) zu seinen Auto-Produktionsstraßen inspirieren.

Ob das Buch, jetzt auch auf Deutsch, hierzulande einen ähnlichen Aufruhr entfachen wird wie in den USA? Schwer zu sagen: Die kleiner strukturierte Landwirtschaft in der EU, noch mehr in Österreich, schiebt den allergrößten Exzessen einen Riegel vor. Hoffentlich. (J. Ruzicka, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18.08.2010)