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Zwei unterschiedliche Geschichten in dieser Woche, die dann aber doch ganz offensichtlich sehr viel miteinander zu tun haben: Hier Richard Lugner, der einen neuen Vorstoß für die Sonntagsöffnung unternimmt, indem er die geltende Öffnungszeitenregelung vor den Verfassungsgerichtshof ... äh ... schleppt.

Dort ein Schwerpunkt in der "Zeit" zum Thema Schlafmangel. Längere Öffnungszeiten bringen uns um den Schlaf, ist dort zu lesen. Und auch vom Experiment des US-Psychiaters David Dinges erfahren wir. Dieser ließ manche seiner Probanden zu wenig schlafen und verglich ihre Leistungen dann mit jenen der Ausgeschlafene(re)n. So fand er unter anderem heraus, dass sich Wenigschläfer rasch an das Gefühl gewöhnen, ständig übernächtig zu sein. Anhaltender Schlafmangel macht uns also "dümmer, ohne dass wir es merken", resümiert die Zeitung.

Damit schließt sich einerseits der oben begonnene Kreis. Andererseits entstehen daraus viele weitere neue Bezüge - und nein, hier ist jetzt nicht die Bettwäsche gemeint. Schlafmangel ist eine der vielen Geißeln der Menschheit im 3. Jahrtausend; allerdings eine, die sich verhältnismäßig leicht kaputtmachen ließe. Man müsste nur können! Schlafen nämlich.

Doch das ist nicht so leicht. In Zeiten wie diesen auch nur für wenige Momente die Augen zu schließen, kann verheerende Folgen haben. Einmal nicht aufgepasst, schon wird das Benzin teurer. Zweimal umgedreht, schon ist die Familienbeihilfe weg. Deshalb heißt es: Aufpassen. Wachsam sein. Selbst auf die Gefahr hin, dass wir dumm werden. Oder uns Fehler passieren: Der grammatikalische Schnitzer im Titel dieses Textes ist keineswegs eine in Kauf genommene Unschärfe in einem ansonsten brillanten Wortspiel, sondern bloß ein Mangelprodukt der Insomnie, das nur dadurch halbwegs erträglich wird, dass es sich an den Titel eines jüngst bekannt gewordenen Buches etwas anlehnen (aber nicht einschlafen!) darf.

Die Verdummung lässt sich ohnehin nicht mehr vermeiden. Das große Thema im Österreich dieser Tage und Wochen, das Sparpaket, droht sie allerdings noch weiter zu beschleunigen. Denn einerseits rauben die zahlreichen Ausgabenkürzungen der Regierung unzähligen Bürgerinnen und Bürgern seit einer Woche den Schlaf. Allen voran den Studierenden, was sich - da braucht man kein Prophet zu sein - unvorteilhaft auf deren Leistungsfähigkeit auswirken wird. Andererseits kommen die Politiker und Politikerinnen, die sich ihre fabelhaften Ideen in nächtelangen Verhandlungen mit ihresgleichen und mit Interessenvertretern aller Art ausdenken bzw. abringen, auch wenig zum Schlafen. Was sich, da braucht man kein Prophet zu sein ... siehe oben.

Der Kreis ist sowas von zu. Und es scheint kein Entrinnen möglich. Bald haben die Geschäfte rund um die Uhr offen und die Verdummung wird dann so weit fortgeschritten sein, dass wir nur noch in einer ganz bestimmten Stunde im Jahr wirklich Ruhe haben werden: beim allherbstlichen Uhr-Zurückstellen. Sonntagfrüh ist es wieder soweit. (Martin Putschögl, derStandard.at, 29.10.2010)