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Gerstl wird neuer nicht-amtsführender Stadtrat.

Foto: apa/Jaeger

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Marek löst den ehemaligen Klubobmann Matthias Tschirf ab.

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ien - Nun ist es offiziell besiegelt: Christine Marek wird neue Klubobfrau der Wiener ÖVP. Sie wurde am Freitagnachmittag in einer knapp eineinhalbstündigen Klub-Vollversammlung mit 14 zu neun Stimmen gewählt. 

"Zweifler ins Boot holen"

Nach der äußerst bescheidenen Zustimmung will Christine Marek jene, die gegen sie votiert haben, auf ihre Seite ziehen. "Es wird eine meiner zentralen Herausforderungen sein, intern für Einigkeit zu sorgen und die Zweifler ins Boot zu holen", sagte Marek am Freitagnachmittag nach dem Ende der Klub-Vollversammlung vor Journalisten. Die Partei befinde sich nach dem schlechten Wahlergebnis bei der Wien-Wahl in schwierigen Zeiten, interpretierte die designierte Klubchefin die relative hohe Zahl an Gegenstimmen.

"Ich übernehme einen gut geführten Klub, der gut dasteht", versicherte Marek. Dem inneren Frieden der Stadtschwarzen keinesfalls abträglich sah sie die Tatsache, dass nach den heutigen Personalentscheidungen sämtliche Spitzenpositionen in der Wiener ÖVP mit Vertretern des ÖAAB besetzt sind - wobei: "Es wird vielleicht einzelne geben, die das als Argument für ihre Stimme (gegen Marek, Anm.) herangezogen haben." Es sei dabei aber weniger um bündische Überlegungen gegangen, sondern um die betreffenden Persönlichkeiten. Zudem seien im künftigen Landtag bzw. Gemeinderat eine Reihe von Wirtschaftsbündlern vertreten.

Inhaltliche Neuorientierung

In ihrer neuen Funktion und als - bereits vor der Wien-Wahl bestellte - Landesparteichefin will Marek der Partei eine inhaltliche Neuorientierung verpassen. Besonders die Bezirke und Funktionäre sollen eingebunden werden. Danach gefragt, wie viel Zeit sie sich für diese Aufgabe gebe, nannte die Noch-Staatssekretärin die Nationalratswahl im Jahr 2013. Diese sei die erste große Herausforderung für die Wiener ÖVP, wieder Tritt zu fassen.

Offiziell übernehmen wird Marek ihre neues Amt bei der konstituierenden Gemeinderatssitzung, die Ende November stattfinden soll. Bereits am Montag wird hingegen die offizielle Amtsübergabe der Landesgeschäftsführung über die Bühne gehen. Norbert Walter wird seine Funktion des Landesparteisekretärs in einer Pressekonferenz an den bisherigen Mandatar Alfred Hoch abgeben.

Wunschkandidat von Marek wird Stadtrat

Der bisherige Gemeinderat und Verkehrssprecher der Wiener ÖVP, Wolfgang Gerstl, wird nicht-amtsführender Stadtrat. Das hat der Landesparteivorstand in einer Sitzung am frühen Nachmittag in einer geheimen Wahl entschieden. Gerstl setzte sich gegen die derzeit noch amtierende nicht-amtsführende Stadträtin Isabella Leeb durch, die sich heute überraschend als Gegenkandidatin aufgestellt hatte. Laut einer ÖVP-Sprecherin fiel die geheime Wahl mit 27 zu 20 Stimmen für Gerstl aus.

Gerstl kommt wie Marek aus dem ÖAAB. Er galt dem Vernehmen nach zudem als Wunschkandidat Mareks, was die Sprecherin jedoch nicht bestätigen wollte. Die Wiener ÖVP-Chefin habe das so nie gesagt. Leeb gehört hingegen dem Wirtschaftsbund an. Dieser hatte zuletzt interne Kritik an der personellen Dominanz des Arbeitnehmerbundes geübt. Gerstl will in seiner Funktion "selbstverständlich" auch die Interessen des Wirtschaftsbundes berücksichtigen. Er sei von der ÖVP gewählt worden und vertrete als einziges ÖVP-Mitglied im Stadtsenat die gesamte Partei, versicherte Gerstl am Freitagnachmittag kurz nach Ende der Vorstandssitzung.

Schwerpunktmäßig will er sich auch künftig vorrangig auf den Verkehr konzentrieren, damit dieser unter einer rot-grünen Regierung in Wien weiterhin fließen könne. Grundsätzlich gehe es aber darum, die Positionen der ÖVP gegenüber der neuen Koalition klar zum Ausdruck zu bringen

Polizist und ehemaliger Büroleiter im Verteidigungsministerium

Wolfgang Gerstl (49) ist gelernter Polizist und zieht als einziger schwarzer nicht-amtsführender Stadtrat in den Wiener Stadtsenat ein. Der gebürtige Niederösterreicher kam 2001 in den Gemeinderat und war zuletzt Verkehrssprecher für die Stadtschwarzen. Vor seinem kommunalpolitischen Engagement war Gerstl viele Jahre lang im Verteidigungsministerium und davor in der Wiener Polizeidirektion tätig. Im Brotberuf leitet er das österreichische Landeszentralbüro der internationalen Polizeieinheit Interpol.

Der designierte Stadtrat ohne Ressort wurde am 14. Oktober 1961 in St. Pölten geboren. Nach der Matura absolvierte Gerstl die Polizeischule und schloss 1986 sein Jus-Studium an der Uni Wien ab. Seine berufliche Karriere startete er ebenfalls in den 1980er Jahren als Exekutivbeamter in Wien. Von 1990 bis 1997 war er Büroleiter im Verteidigungsministerium, seit 2003 ist er im Innenministerium für den Bereich internationale Polizeikooperation tätig.

Engagement für U5

Politisch kommt Gerstl - wie Landesparteichefin Christine Marek - aus dem schwarzen Arbeitnehmerbund. 1993 wurde er ÖAAB-Obmann in Penzing, seit 1996 ist er Bezirksparteichef im selben Bezirk. 1997 wurde er zum Landesgeschäftsführer der Wiener ÖVP bestellt. Das Amt übergab er fünf Jahre später an Norbert Walter. Als Verkehrssprecher machte sich der Mandatar unter anderem für den Bau einer U-Bahnlinie U5, die Bekämpfung des Rowdytums unter Radfahrern oder ein neues Verankerungssystem für Verkehrsschilder stark.

Bei der Wahl im Oktober verlor die ÖVP in Gerstls Heimatbezirk Penzing auf Landesebene mehr als fünf Prozentpunkte und rutschte auf 16,3 Prozent. Bei der Bezirksvertretungswahl fiel der Verlust mit knapp dreieinhalb Prozentpunkten auf 18,7 Prozent etwas geringer aus. "Es ist besser von der Wahrheit verletzt, als mit einer Lüge getröstet zu werden", hat der Neo-Stadtrat als Motto auf seiner Homepage angegeben. Er ist verheiratet und hat fünf Kinder im Alter zwischen 22 Jahren und fünf Monaten. (APA)