Khartum/Paris/Wien - Es sind Zitate wie aus Wikileaks: Weil Umweltminister Niki Berlakovich (ÖVP) am Montag auf seinem Weg zum Klimagipfel in Cancun in Mexiko in Paris aufgrund einer Verspätung den Anschlussflug verpasst hat, soll er laut einem Bericht der Tageszeitung "Die Presse" die Contenance verloren haben. "Die österreichische Botschaft in Paris ist ein Saustall", tobte der Minister.

Die Tageszeitung "Österreich" berichtete ebenfalls, dass der Ressortchef auf der Reise nach Cancun in Frankreich gestrandet war. "Witterungsbedingt hob die Air France verspätet aus Wien ab", bestätigte Berlakovich. Der Anschlussflieger nach Mexiko startete ohne den Minister aus Paris.

Öffentlicher "Tobsuchtsanfall"

"Wir konnten dem Piloten sogar noch in die Augen schauen und zuwinken", berichtete ein Delegationsmitglied der "Presse". Der Umweltminister habe daraufhin einen "Tobsuchtsanfall" bekommen. Die zuständige österreichische Landwirtschaftsattachée, Birgit Hell, wurde laut Aussagen der Berlakovich-Mitarbeiter über die Flugverspätung informiert - sie sollte den Minister betreuen und bei der "Air France" am Schalter versuchen, das Flugzeug aufzuhalten. Dies sei Usus, hieß es aus dem Berlakovich-Stab.

Die Frau erschien jedoch nicht am Schalter. Auch der Botschafter in Paris wurde über den Berlakovich-Zwischenstopp nicht informiert, das übliche Minister-Botschaftsgeleit fand nicht statt. ÖVP-Parteifreund und Außenminister Michael Spindelegger war für den Umweltminister telefonisch ebenfalls nicht erreichbar.

Berlakovich wirft Attachée raus

Das ließ den Umweltminister weiter erzürnen. "Der Landwirtschaftsattachée-Posten wird mit sofortiger Wirkung aufgelöst. Die österreichische Botschaft in Paris ist ein Saustall", sagte Berlakovich und tobte weiter: "Nie wieder Air France! Spindelegger muss eh bei den Botschaften einsparen, ich helfe ihm dabei." Nebst der Absetzung der Landwirtschaftsattachée in Paris werde es auch ein "offizielles Protestschreiben" an die "Air France" geben - in Kopie an die französischen Botschaft in Wien.

Die Bewertung des Verhaltens und die Entscheidung über etwaige Konsequenzen für die Landwirtschaftsattachée liegt in der Kompetenz des Landwirtschaftsministeriums. Der "Kurier" schreibt in der Mittwoch-Ausgabe, dass der Rauswurf der Attachée durch Berlakovich bereits besiegelt sei. Der österreichische Botschafter in Paris, Hubert Heiss, reagiert gereizt auf die Anwürfe des Ministers. Berlakovich solle nicht "die Nerven wegschmeißen", wird der Botschafter zitiert.

Krach zwischen Außen- und Umweltministerium

In "Österreich" meinte Berlakovich: "Das war ja kein Ausflug von mir. Da geht es um unsere Zukunft. Mir graut davor, was einem Normalbürger auf Reisen passieren kann, wenn unsere Diplomaten schon Ministern so wenig helfen. Das muss Konsequenzen haben."

Außenministeriumssprecher Peter Launsky-Tieffenthal sah den Fehler allerdings nicht bei der Pariser Botschaft. "Der Botschafter und sein Stellvertreter wurden leider erst gestern (Dienstag, Anm.) am Vormittag informiert. Sie wussten gar nicht, dass der Minister über Paris reist." Die sehr erfahrenen Botschafter hätten sich sicherlich bemüht, "bei der Problemstellung zu helfen".

Minister gelten als Privatreisende

Diplomatenkreise, die nicht genannt werden wollen, stellen auf Nachfrage fest: Normalerweise ist bei Ministerreisen die Botschaft des Ziellandes für die Betreuung zuständig - in diesem Fall die österreichische Vertretung in Mexiko.

Bei einem Transit hingegen werde die Botschaft in der Regel nur dann tätig, wenn sie vom Büro des Ministers dazu gebeten werde. Ein Kabinettsmitglied werde, soweit es sich nicht um den Regierungschef, dessen Stellvertreter oder den Außenminister handelt, als privater Reisender betrachtet. Es habe daher kein Grund bestanden, die Anschlussmaschine des Umweltministers aufzuhalten, hieß es in diplomatischen Kreisen weiter.

Spindelegger sieht keinen Fehler der Botschaft

Auch Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) kann trotz der deftigen Kritik an der österreichischen Botschaft in Paris kein fehlerhaftes Verhalten von Vertretern des Außenministeriums erkennen. Das erklärte Spindelegger, der derzeit im Sudan weilt, am Mittwoch in einem Telefonat. Er habe sich alle Unterlagen zu dieser Angelegenheit kommen lassen, betonte Spindelegger. Die österreichische Vertretung in Frankreich sei über die Reise von Berlakovich nicht informiert gewesen. Daher habe es keine Möglichkeit für eine Hilfestellung gegeben. "Der Fehler liegt im Landwirtschaftsministerium." Auf die Frage, ob er mit seinem ÖVP-Kollegen Berlakovich noch persönlich reden werde, meinte Spindelegger zurückhaltend: "Wenn er das will." (APA)