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Gestresster ÖVP-Chef Pröll: Der Finanzminister ist oft in Brüssel - zu Hause vermissen Parteifreunde Führungsstärke.

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Klubchef Kopf muss sich viel Kritik anhören: Autoritärer Stil nach innen, fehlende Durchschlagskraft nach außen.

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Wien - Eine Kopfwäsche wird es nicht setzen. Doch auf unangenehme Fragen muss sich Karlheinz Kopf gefasst machen, wenn er seine Abgeordneten am Dienstagnachmittag zur Vorbereitung für die kommende Nationalratssitzung zusammentrommelt. Einen Vorgeschmack hatte der Wiener Mandatar Ferry Maier in einem Brief gegeben, in dem er seinem Klubchef mehr oder minder direkt Dilettantismus, Führungsmängel und Visionsleere vorwarf.

Eine hitzige Einzelmeinung? So mancher Mandatar hält Maiers Worte für zu hart und den Stil für daneben. Doch das Frustgefühl teilen viele - aus verschiedenen Gründen.

Alleingänge des Klubobmanns

Die ÖVP-Abgeordneten fühlen sich zunehmend überfahren. Die Minister schnapsten sich alle Fragen untereinander aus und ignorierten die Bereichssprecher im Parlament, klagt ein Mandatar: "Uns bleibt die unselige Aufgabe, die Regierungspolitik gegenüber den Wählern zu verteidigen, ohne überhaupt alle Infos zu haben."

Statt sich für mehr Mitsprache einzusetzen, starte Kopf selbst Alleingänge. Der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte: Im STANDARD hatte er Ideen für eine Parlamentsreform veröffentlicht - ohne, so die Kritik, "auch nur eine Minute im Klub zu diskutieren" .

Nicht nur der Stil sorgt dabei für Unmut: Kopf habe die Kollegen runtergemacht ("althergebrachte Rituale, ergrauende Abgeordnete") und schlechte Antworten gegeben. Dass etwa jede Woche eine Plenarsitzung stattfinden soll, "findet niemand super", sagt ein Schwarzer: "Das hilft nur der Opposition und macht Abgeordneten mit Beruf das Leben schwer."

Dominanter Bauernbund

Das Gefühl, übergangen zu werden, macht sich auf mehreren Ebenen breit. Nicht nur der Wirtschaftsflügel, auch die Arbeitnehmervertreter vom ÖAAB beklagen fehlende Berücksichtigung: Die praktische Politik werde vom Bauernbund gemacht, der seine ständische Interessen durchsetze, während Arbeitnehmeranliegen in der Regierungspolitik kaum vorkämen - und wenn, mit sozialdemokratischer Prägung. Der Groll aus dieser Ecke gilt vor allem Generalsekretär Fritz Kaltenegger, einem Bauernbündler. "Der Kopf bekommt einiges von dem ab, was an Kaltenegger gerichtet werden müsste", sagt ein ÖAABler: "Dass wir zu wenig Profil haben, hat ja mit dem Gesamtzustand der Partei zu tun."

Und damit auch mit ÖVP-Chef Josef Pröll, ebenfalls Bauernbund. "Während die SPÖ ihre Gerechtigkeitskampagne fährt, haben wir nach der Krisenbewältigung die Sinnfindung verabsäumt", urteilt ein regierungsnaher Schwarzer. Die vor einem Jahr gestartete Debatte über ein neues Parteiprogramm habe bis auf eine bescheidene Tagung nichts gebracht, ergänzt ein Kollege. Ein Dritter sagt: "Unsere Linie ist, siehe Schulpolitik und Wehrpflicht, diffus."

Kein konzertierter Aufstand

Wächst da ein breiter Aufstand? Unwahrscheinlich, so der Tenor. Prominente Kritiker wie Wirtschaftskammer-Chef Christoph Leitl seien Einzelkämpfer: "Der erreicht damit nur eines: dass alle matschgern." (Gerald John, Conrad Seidl/STANDARD-Printausgabe, 28.3.2011)