Grafik: STANDARD

Der neue ÖVP-Chef Michael Spindelegger will bei der Nationalratswahl 2013 als Spitzenkandidat seiner Partei antreten. Einen personellen Umbau kündigt er in Interviews mit mehreren Tageszeitungen (Freitag-Ausgaben) nicht nur für das ÖVP-Regierungsteam, sondern auch für die Partei an. An seiner Seite will Spindelegger einen Staatssekretär, egal ob er selbst Außenminister bleibt oder ein anderes Ressort übernimmt. Eine Koaltion mit der FPÖ schließe er nicht aus. "Ich bin weder so noch so festgelegt, schließe das weder aus noch ein", sagt der designierte Vizekanzler im Kurier-Interview. Obmann des ÖAAB werde er nicht bleiben, als Parteiobmann müsse er über allen Bünden stehen, so Spindelegger zur Wiener Zeitung. (red/APA, derStandard.at, 14.04.2011)

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So schlechte Umfragedaten hat die ÖVP noch nie gehabt, nicht einmal rund um die Regierungsbildung 2000, als sich ihr dritter Platz in Umfragen zu verfestigen drohte. Mit 22 Prozent errechnete das Linzer Market-Institut am Donnerstag einen neuen Negativ-Rekord für den Junior-Partner in der Regierung.

Market-Chef Werner Beutelmeyer verweist zwar routiniert darauf, dass die Sonntagsfrage mehr als zwei Jahre vor dem nächsten regulären Wahltermin nur bedingte Aussagekraft hat - "aber die ÖVP steht momentan wirklich nicht gut da. Ihr wird Korruption angelastet, ihr wird Stillstand angelastet, sie wirkt langweilig und hat mit den Budgetbegleitgesetzen auch noch etliche Kernwähler verprellt" .

Die Grafik links zeigt: Eine Neuwahl brächte der Koalition gerade noch 50 Prozent der Stimmen, 28 davon der SPÖ, 22 der ÖVP, die in den vergangenen vier Wochen fünf Prozentpunkte verloren hat. Eine Mandatsmehrheit ergäbe sich wohl trotzdem, denn die Umfrage weist auch fünf Prozent für allfällige "andere Parteien" aus - Prozente, die bei Wahlen an Gruppen wie die Christen oder die Liste Dinkhauser gehen, aber bei der Mandatsberechnung "verloren" gehen, wenn diese Listen nicht ins Parlament kommen.

Auffallend ist in der Zeitreihe, dass die Schwäche der ÖVP nicht mit einer weiteren Stärkung der FPÖ oder der SPÖ einhergeht: Seit der Mitte des vergangenen Jahres kommt die FPÖ stets auf 24 bis 26 Prozent (diese Woche: 25 Prozent), die SPÖ pendelt zwischen 27 und 29 Prozent. Das BZÖ ist mit sechs Prozent im Schnitt der letzten Monate.

Für die Grünen errechnet Market dagegen den besten Wert seit über einem Jahr: 14 Prozent, das ist eine deutliche Steigerung über denSchnitt und über das letzte Wahlergebnis.

Beutelmeyer: "Die Grünen profitieren derzeit von ihrem Sauberkeitsimage - sie treten für saubere Energie ein, während alle die Bilder von gefährlichen Atomkraftwerken im Kopf haben. Und sie treten für saubere Politik ein." Die Grafik zeigt bei einer offenen Frage, dass sich 71 Prozent an Korruptionsvorwürfe gegen ÖVP-Politiker erinnern können - die Grünen geraten dagegen nur bei 13 Prozent in Korruptionsverdacht.

Die Fragestellung ergibt, dass nur jeder vierte Österreicher nichts von Korruptionsvorwürfen gegen Politiker mitbekommen hat - besonders viele, die davon nichts wissen (wollen) sind erklärte ÖVP-Anhänger.

Wer sorgt für Sauberkeit?

Im Auftrag des Standard fragte Market nach, wie es denn um die Glaubwürdigkeit der einzelnen Parteien steht, wenn es um die Sauberkeit in den eigenen Reihen geht. Market fragte: "Die politischen Parteien bemühen sich ja mehr oder weniger, Sauberkeit in den eigenen Reihen durchzusetzen. Wie glaubwürdig tun die Parteien das? Ich lese Ihnen jetzt die Parteien vor und bitte Sie mir jeweils zu sagen, ob diese Partei glaubwürdig für Sauberkeit in den eigenen Reihen sorgt oder ob sie Fehlverhalten der eigenen Funktionäre eher durchgehen lässt." Es dürfte die ÖVP-Spitze wenig trösten, dass nicht nur ihr nachgesagt wird, dass die bei Korruptionsvorwürfen wegschaue.

70 Prozent meinen jedenfalls, dass die ÖVP ihren Funktionären Fehlverhalten durchgehen lässt, nur 18 Prozent meinen, dass da wirklich und wirksam durchgegriffen werde. Auch die erklärten ÖVP-Anhänger hegen da mehrheitlich erhebliche Zweifel. Die Werte für die FPÖ und das BZÖ sehen fast gleich aus wie jene der ÖVP mit jeweils 70 Prozent, die der jeweiligen Partei unterstellen, bei den eigenen Funktionären ein Auge zuzudrücken. Etwas besser ist der Wert für die SPÖ, wo 25 Prozent meinen, dass sie für Sauberkeit in den eigenen Reihen sorge - 62 Prozent glauben aber auch bei der Kanzlerpartei, dass sie es nicht so genau nimmt.

Am relativ besten schneiden die Grünen ab - aber auch hier sind 52 Prozent der Meinung, dass diese ihren eigenen Funktionären Fehlverhalten durchgehen ließen.

Allerdings: Es ist die Gelegenheit, die Diebe macht - und aufgrund der geringen Machtbeteiligung der Grünen kann man ohnehin von einer geringen Korruptionsanfälligkeit ausgehen. (Conrad Seidl, DER STANDARD, Printausgabe, 15.4.2011)